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Kann man Kreativität lernen?

    Wahre Kreativität entsteht immer aus dem Mangel.
    Wolfgang Joop

    Auch wenn es zahlreiche Kurse und Seminare zum Erlernen von Kreativität gibt, sind die wirklich kreativen Menschen eher selten in solchen Kursen gewesen bzw. haben ihre Kreativität dort erworben. Solche Trainingsprogramme versprechen oft, in kurzer Zeit zu vielen neuen Ideen zu verhelfen, wobei sich nachträglich meist zeigt, das solche Workshops nur kurzfristige positive Effekte haben. Kreativität ist keine Fähigkeit wie Schachspielen, das durch Übung immer besser wird, sondern eine Art der inneren Einstellung. Menschen, die mit offenen Augen durch die Welt gehen, sind am ehesten in der Lage, neue Dinge hervorzubringen, die in irgendeiner Weise kreativ und neuartig sind. Am Beginn einer kreativen Ideen stehen meistens Probleme, mit denen Menschen konfrontiert sind, wobei oft ungünstige Umstände dafür sorgen, dass keine einfachen Lösungen möglich sind.

    Kreativität ist eine wohl der wichtigsten menschlichen Eigenschaften, denn sie verleiht diese oft einen einzigartigen Charakter, doch ist nur wenig über ihre biologische oder neurologische Grundlagen bekannt. Besonders wichtig scheint bei der Kreativität aber nach Ansicht von Experten eine gute Balance zwischen Erregung und Impulskontrolle im Gehirn, denn kreative Ideen entstehen oft dann, wenn automatische Gedanken unterdrückt werden und gewohnte Denkpfade verlassen werden müssen. Dennoch gibt es einige Komponenten, die Menschen beeinflussen können, um ihre Kreativität zu verbessern: Die personale Komponente bzw. Persönlichkeit, denn Offenheit und Neugier sind wichtige Voraussetzungen. Um kreativ zu sein, benötigt man aber auch eine hohe Motivation, wobei damit nicht äußere Anreize wie Geld oder Anerkennung gemeint sind, sondern jene Motivation, die aus dem Menschen selbst kommt. Die kognitive Komponente ist deshalb wichtig, da Kreativität häufig mit Regeln bricht, d. h., es ist notwendig, sich Wissen anzueignen und die herrschenden Konventionen zu kennen, um gezielt gegen diese verstoßen zu können, wobei meist auch eine gewisse Disziplin den kreativen Prozess unterstützen kann. Aber auch das Soziale ist wesentlich, den kreative Menschen brauchen Freunde und Förderer, die an den gleichen Themen interessiert sind, die von einer Idee überzeugt sind, um sich durch die Kritik und Widerstand anderer nicht behindern zu lassen. Allerdings ist im Kreativitätsprozess vor allem gegen Ende auch eine selbstkritische Haltung notwendig, um das Ergebnis vielleicht zu verbessern.

    Allerdings: Manche Expertinnen sind der Ansicht, dass zur Kreativität vor allem ein passendes Umfeld gehört. Nicht der Mensch selbst ist das Problem, sondern die Störungsdichte um ihn, d.h., dass man es schaffen muss, das Grundrauschen um sich herum zu reduzieren, etwa in dem man das Mobiltelefon in den Flugmodus setzt, wenn man sich auf ein Problem oder eine Aufgabe konzentrieren muss. Konzentration kann man üben, indem man immer wieder aufs Neue etwas macht, und je öfter man übt, desto leichter fällt Disziplin oder Konzentration. Es ist daher sinnvoll, die Verfügbarkeit von Ablenkungen zu reduzieren. Kreativität ist nicht unbedingt Talent oder Wesensmerkmal, denn auch bei dieser Eigenschaft hängt es es nur davon ab, wie gut man mit seinem Gehirn umgeht. Wenn man in der Lage ist, seine eigenen Gedanken einmal schweifen zu lassen, trainiert das schon die Kreativität, einfach einmal nichts zu konsumieren.