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4E-Ansatz in den Kognitionswissenschaften

    Die verkörperte eingebettete Kognition (Embodied Embedded Cognition, EEC) ist eine philosophische theoretische Position in der Kognitionswissenschaft, die eng mit der situierten Kognition, der verkörperten Kognition, der verkörperten kognitiven Wissenschaft und der Theorie dynamischer Systeme verbunden ist. Die Theorie besagt, dass intelligentes Verhalten aus dem Zusammenspiel von Gehirn, Körper und Welt entsteht. Die Welt ist dabei nicht nur der Spielplatz, auf dem das Gehirn agiert, vielmehr sind Gehirn, Körper und Welt gleichermaßen wichtige Faktoren für die Erklärung, wie bestimmte intelligente Verhaltensweisen in der Praxis zustande kommen. Nach Stephan Schleim spricht sich in den Kognitionswissenschaften erst gerade herum, dass Kognition – als Oberbegriff für Wahrnehmen, Denken, Fühlen, Entscheiden usw. gemäß dem 4E-Ansatz erforscht werden muss: 4E steht für verkörpert (embodied), eingebettet (embedded; manchmal auch: situiert), in Interaktion mit der Welt (enacted) und erweitert (extended). Gemeint ist damit, dass Menschen nun einmal keine reinen Gehirne sind, die in einer Nährlösung schwimmen, sondern sie haben einen ganzen Körper, in einer bestimmten Situation für eine bestimmte Interaktion, wobei mit dem erweiterten Geist (extended mind) gemeint ist, dass auch Werkzeuge Teil des kognitiven Systems sind.

    Die „4E-Kognition“ geht davon aus, dass Kognition durch „dynamische Interaktionen zwischen dem Gehirn, dem Körper und der physischen und sozialen Umgebung“ geformt und strukturiert wird. Nach Schiavio & van der Schyff (2018) bedeutet dies, dass Kognition ist:

    • Embodied: Kognition kann nicht vollständig in Form von abstrakten mentalen Prozessen (d. h. in Form von Repräsentationen) beschrieben werden. Vielmehr muss sie den gesamten Körper des lebenden Systems (Gehirn und Körper) einbeziehen.
    • Eingebettet: Kognition ist kein isoliertes Ereignis, das von der ökologischen Nische des Agenten getrennt ist. Stattdessen weist sie Schichten der Mitbestimmung mit physischen, sozialen und kulturellen Aspekten der Welt auf.
    • Erweitert: Kognition wird oft in biologische Wesen und nicht-biologische Geräte verlagert, um eine Vielzahl von Funktionen zu erfüllen, die unmöglich (oder zu schwierig) wären, wenn man sich nur auf die eigenen mentalen Prozesse des Agenten verlassen würde.
    • Enaktiv: Kognition wird als die Gesamtheit der sinnvollen Beziehungen verstanden, die durch einen adaptiven wechselseitigen Austausch zwischen der biologischen und phänomenologischen Komplexität von Lebewesen und der von ihnen bewohnten und aktiv gestalteten Umwelt bestimmt werden.

    Das bedeutet, dass Kognition also nicht nur im Kopf stattfindet, sondern etwas ist, das den Körper im Allgemeinen und auch die Situation des Körpers in der Umwelt mit einbezieht Es ist zu erwarten, dass die 4E-Perspektive auch zu bedeutenden Verbesserungen im Bildungswesen führen wird.

    Die Theorie ist eine ausdrückliche Reaktion auf das derzeit vorherrschende kognitivistische Paradigma, das besagt, dass kognitive Systeme im Wesentlichen rechnerisch-repräsentative Systeme wie etwa Computersoftware sind, die Inputs verarbeiten und Outputs (Verhalten) auf der Grundlage interner Informationsverarbeitung erzeugen. Im Kognitivismus liegt die kausale Wurzel des Verhaltens in den „virtuellen“ Prozessen, die von der Software in unserem Gehirn gesteuert werden, d. h., das Gehirn ist lediglich die Hardware, auf der die Software implementiert ist. Der Körper (Sensoren und Akteure) sind reine Input-Output-Geräte, die im Dienste des Gehirns stehen, und die Welt ist lediglich der Spielplatz (das Objekt), auf dem der kognitive Agent agiert. Im Gegensatz dazu geht der 4E-Ansatz davon aus, dass die tatsächlichen physischen Prozesse im Körper und in der Körper-Welt-Interaktion zum Teil das ausmachen, was wir als „kognitives System“ in seiner Gesamtheit bezeichnen. Körper, Welt und Gehirn bilden ein System. Zusammen bewirken diese Systemteile, dass intelligentes Verhalten als eine Systemeigenschaft auftritt. Die Theorie dynamischer Systeme ist eine Methode zur Modellierung von Verhalten, die sich ganz natürlich mit diesen theoretischen Konzepten verbindet.

    Aus historischer Sicht kann man sich über 4E übrigens wundern, denn schließlich reflektiert dies schlicht jene Grundannahmen, die schon vor hundert Jahren für die Phänomenologen selbstverständlich waren. Mit Formulierungen wie “In-der-Welt-Sein” oder dem “Leib” als erfahrender Körper gegenüber dem Körper als materielles Ding haben sie dies bereits ausgedrückt. Um das “neue” 4E für innovativ zu halten, musste man erst einmal vergessen, was Phänomenologen schon lange wussten. Phänomenologen wie Edmund Husserl oder Maurice Merleau-Ponty hielten die Phänomene, also das, was Menschen erscheint, für grundlegend. Vermutlich hat es gar keinen Sinn, ein Phänomen wie Bewusstsein erforschen zu wollen, wenn man seine entscheidenden Eigenschaften von vorneherein ausschließt, d. h., in diesem Sinne geht auch der 4E-Ansatz nicht weit genug. Zwar braucht man eine holistischere Vorgehensweise, um Kognition zu verstehen, und zwar eine, die Verkörperung, Verhalten und Umwelt miteinschließt.

    Literatur

    Schiavio, A. & van der Schyff, D. (2018). 4E music pedagogy and the principles of self-organization. Behavioral Sciences, 8, 72.
    Schleim, S. (2022). Warum die Hirnforschung die Psychologie braucht.
    WWW: https://scilogs.spektrum.de/menschen-bilder/warum-die-hirnforschung-die-psychologie-braucht/ (22-02-10)
    https://en.wikipedia.org/wiki/Embodied_embedded_cognition (17-11-21)






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