Warum haben Menschen das Gefühl, selbst bei ganz banalen Dingen lügen zu müssen, bzw. welche Motivation steckt hinter Lügen? Der häufigste Grund für kleine Schwindeleien ist jener, dass Lügen eine sehr effektive Taktik im gesellschaftlichen Zusammenleben ist, vor allem dann, wenn es sich dabei nur um kleine Notlügen ohne Konsequenzen für das Gegenüber handelt, denn Menschen erwarten nicht, dass man sie anlügt und gehen grundsätzlich davon aus, dass das Gegenüber die Wahrheit sagt. Ein weiterer Grund für Lügen ist Schmeichelei, wobei dahinter oft ein Versuch steckt, dass man etwas vom Gegenüber braucht und sich deshalb mit ihm gut stellen will bzw. sie schlichtweg nicht verletzen möchten oder um Unannehmlichkeiten zu vermeiden. Menschen lügen auch oft, um andere Menschen in eine bestimmte Richtung zu lenken, um am Ende das zu bekommen, was sie wollen. Lügen entstehen auch aus einer Unsicherheit heraus, d. h., die Lügner fühlen einen Mangel an Anerkennung, denn Menschen wollen grundsätzlich von anderen gemocht und bewundert werden. Manchmal wollen Menschen ihr Gegenüber sogar bewusst einschüchtern, wobei das vor allem im beruflichen Kontext nicht selten ist. Bedeutsam vor allem bei Kindern ist das Lügen, um negative Konsequenzen zu vermeiden, wobei das Erwachsene bis zur Perfektion lernen können.
Setoh et al. (2020) haben untersucht, wie sich Lügen von Eltern langfristig auf ihre Kinder auswirken. Meist sind solche Lügen harmlos und außerdem gut gemeint, aber dennoch entsteht ein gewisser Widerspruch, denn die meisten Eltern halten Ehrlichkeit in der Erziehung für sehr wichtig, besonders gegenüber ihren Kindern. Bisherige Untersuchungen legen aber nahe, dass es kurz- wie langfristig nicht ohne Folgen bleiben kann, wenn Erwachsene lügen, denn bei einem Versuch mit Fünf- bis Siebenjährigen logen Kinder bei einem Spiel häufiger, wenn zuvor auch der Versuchsleiter gelogen hatte. Die ProbandInnen wurden von Setoh et al. (2020) zu Lügen der Eltern in ihrer Kindheit und Jugend und zu ihrer eigenen damaligen und heutigen Lügenpraxis befragt. Die Ergebnisse zeigten, dass diejenigen, die sich daran erinnerten, dass sie in ihrer Kindheit einem höheren Maß an Lügen ausgesetzt waren, ein höheres Maß an Täuschungen gegenüber ihren Eltern und ein höheres Maß an psychosozialer Fehlanpassung zeigten. Die Ergebnisse legen daher nahe, dass die Erziehung mit auch kleinen Lügen negative Auswirkungen auf die späteren psychosozialen Eigenschaften der Kinder im späteren Leben haben kann, denn möglicherweise wird dadurch das Vertrauen untergraben. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dieser Probandengruppe nur um StudentenInnen und um erinnerte Lügen handelte.
Ein grundsätzliches Problem bei Lügen ist vor allem der Schneeballeffekt, denn was einmal mit einer kleinen, scheinbar banalen Notlüge begonnen hat, kann zu immer größeren Unwahrheiten führen, sodass langfristig gesehen die Wahrheit die bessere Option darstellt. Nicht zuletzt besagt ein persisches Sprichwort: Ein Lügner hat kein gutes Gedächtnis.
Einschlägige Links
https://lexikon.stangl.eu/6008/mentiologie/ (19-09-21)
https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/KOMMUNIKATION/KommLuegen.shtml (19-09-21)
https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/KOMMUNIKATION/Luegen-Kinder.shtml (19-09-21)
https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/KOMMUNIKATION/Luegen-Hinweis.shtml (19-09-21)
https://arbeitsblaetter-news.stangl-taller.at/verbale-anzeichen-fur-lugen/ (19-09-21)
https://arbeitsblaetter-news.stangl-taller.at/nonverbale-anzeichen-fur-lugen/ (19-09-21)
Literatur
Setoh, Peipei, Zhao, Siqi, Santos, Rachel, Heyman, Gail D. & Lee, Kang (2020). Parenting by lying in childhood is associated with negative developmental outcomes in adulthood. Journal of Experimental Child Psychology, 189, doi:10.1016/j.jecp.2019.104680.