Trotz großer individueller Unterschiede in der Gedächtnisleistung erinnern sich Menschen mit großer Beständigkeit an ganz bestimmte Reize, wobei dieses Phänomen als die Einprägsamkeit eines einzelnen Gegenstandes bezeichnet wird. Bisher wurde noch nicht untersucht, ob die Einprägsamkeit auch die Fähigkeit beeinflusst, Assoziationen zwischen Gegenständen abzurufen. So erinnert man sich bekanntlich auch an manche Begriffe leichter als an andere, wobei nach einer Untersuchung von Xie et al. (2020) man auch beim Kernwortschatz zwischen wichtigen und weniger wichtigen Begriffen unterscheidet. Wie gut man sich an ein Wort erinnert dürfte vor allem daran liegen, wie das Begriffsgedächtnis organisiert ist, das man sich wie ein Netzwerk vorstellen kann, in dem inhaltliche ähnliche Begriffe einander näher sind. Versucht man sich gezielt zu erinnern, handelt man sich entlang der Kanten von Wort zu Wort, wobei je weiter der Weg ist, umso länger dauert auch die Suche, d. h., semantische Nähe erleichtert das Erinnern. Ist also ein Begriff mit vielen auf einem relativ kurzen Weg in diesem Netzwerk verbunden, ist er semantisch zentral und liegt an den dichtesten Stellen des Netzwerks. In einem mathematischen Modell mit statistischen Daten von Texten aus Büchern, Zeitungen und dem Internet wurde für 300 in der Studie verwendeten Wörter berechnet, wie semantisch zentral bzw. wie einprägsam diese sind. Das Ergebnis bestätigte die experimentellen Ergebnissen, d.h., es waren die selben Begriffe, die sich die Probanden in den Experimenten besonders gut gemerkt hatten. Die Auswertungen zeigten auch, dass diese Wörter besonders schnell gefunden wurden, wobei sie auch besonders oft als falsche Antwort genannt wurden, da sie offenbar an prominenter Stelle im Netzwerk gespeichert sind. Offenbar priorisiert das menschliche Gehirn bestimmte Informationen, um das spätere Abrufen von Erinnerungselementen zu erleichtern.
Literatur
Xie, Weizhen, Bainbridge, Wilma A., Inati, Sara K., Baker, Chris I. & Zaghloul, Kareem A. (2020). Memorability of words in arbitrary verbal associations modulates memory retrieval in the anterior temporal lobe. Nature Human Behaviour, doi:10.1038/s41562-020-0901-2.