Bei Psychosen wie der Schizophrenie nimmt die graue Substanz im Gehirn ab, was das Leben der Betroffenen massiv beeinträchtigen kann: Psychotische Menschen haben Schwierigkeiten, sich mitzuteilen, logisch zu denken und verlieren den Bezug zur Realität. Mit fortschreitender Erkrankung breiten sich diese Veränderungen im Gehirn aus. Chopra et al. (2023) haben nun gezielt die Gehirne von Psychose-Patienten mit und ohne Behandlung untersucht und detailliert analysiert, in welchen Regionen des Gehirns sich die Auswirkungen der Erkrankung und der Medikamente im Verlauf der Erkrankung zeigen und die Daten der verschiedenen Gruppen sowie der einzelnen Personen nach drei und zwölf Monaten verglichen. Mit mathematisch-statistischen Modellen berechneten sie aus den Vergleichsdaten, wie sich das Volumen der grauen Substanz jeweils verändert hatte und weiter verändern könnte. Das dabei entwickelte netzwerkbasierte Modell war in der Lage, sowohl medikamentenbedingte als auch krankheitsbedingte Veränderungen des Gehirns zu erklären und zu unterscheiden. Die Aufnahmen zeigten, dass sich Psychosen durch eine signifikante und fortschreitende Abnahme des Volumens der grauen Hirnsubstanz bemerkbar machen und dass gleichzeitig die Einnahme von antipsychotischen Medikamenten zu messbaren Reduktionen dieser Hirnschicht führt. Die durch die Psychosen hervorgerufenen Veränderungen der grauen Substanz waren jedoch nicht zufällig über das Gehirn verteilt, sondern es zeigte sich ein komplexes Netzwerk von strukturellen Verbindungen zwischen weißer und grauer Substanz, wie es auch beim Fortschreiten neurodegenerativer Erkrankungen im Gehirn zu beobachten ist. Der Hippocampus, der eine wichtige Rolle bei Gedächtnisprozessen spielt, aber auch mit Schizophrenie in Verbindung gebracht wird, war das Epizentrum der Psychosen, d.h. dieses Areal war als erstes von einer psychosebedingten Abnahme der grauen Substanz betroffen. Vom Hippocampus aus breitet sich die Erkrankung über die Nervenverbindungen der weißen Substanz mit der Zeit weiter im Gehirn aus, was zu Beginn der Psychose zu Schädigungen im posterioren Kortex und im weiteren Verlauf auch im präfrontalen Kortex, dem Sitz der Selbstkontrolle, der Handlungssteuerung und der Vernunft, führt.
Literatur
Chopra, Sidhant, Segal, Ashlea, Oldham, Stuart, Holmes, Alexander, Sabaroedin, Kristina, Orchard, Edwina R., Francey, Shona M, O’Donoghue, Brian, Cropley, Vanessa, Nelson, Barnaby, Graham, Jessica, Baldwin, Lara, Tiego, Jeggan, Yuen, Hok Pan, Allott, Kelly, Alvarez-Jimenez, Mario, Harrigan, Susy, Fulcher, Ben D., Aquino, Kevin, Pantelis, Christos, Wood, Stephen J., Bellgrove, Mark, McGorry, Patrick D. & Fornito, Alex (2023). Network-Based Spreading of Gray Matter Changes Across Different Stages of Psychosis. JAMA Psychiatry, doi:10.1001/jamapsychiatry.2023.3293.
https://www.scinexx.de/news/psychologie/wie-psychosen-das-gehirn-veraendern/ (23-10-05)