Zum Inhalt springen

Was versteht man in der Psychologie unter „Third Places“?

    Im psychologischen bzw. sozialpsychologischen Verständnis versteht man unter Third Places – also Dritte Orte – Orte jenseits von Zuhause und Arbeitsplatz, an denen auf informelle, zwanglose Weise Sozialkontakte entstehen. Third Places werden in der Psychologie aber auch in der Soziologie daher als jene öffentlichen oder halböffentlichen Orte verstanden, die weder der Familie (Erster Ort) noch dem Beruf (Zweiter Ort) zuzurechnen sind und dennoch grundlegende Funktionen für das soziale Miteinander, das Wohlbefinden und die Demokratie erfüllen. Der Begriff wurde maßgeblich durch den US-amerikanischen Soziologen Ray Oldenburg geprägt, der in seinem 1989 erschienenen Werk The Great Good Place die Idee darlegte, dass Third Places informelle Treffpunkte wie Cafés, Kneipen, Bibliotheken oder Friseursalons darstellen, an denen Menschen verschiedenster Herkunft zwanglos zusammenkommen und kommunizieren (Oldenburg, 1989; Oldenburg & Christensen, 2023). Solche Orte beruhen auf zentralen Merkmalen wie Neutralität – jedermann kann ohne Einladung kommen und gehen –, Unaufdringlichkeit (low profile), der Förderung von Konversation als Hauptaktivität, der Anwesenheit regelmäßiger Nutzer („Regulars“) sowie einer spielerisch-leichten Atmosphäre (Oldenburg & Christensen, 2023). Kaffeehäuser, Biergärten oder Pariser Cafés gelten als klassische historische Beispiele, aber auch Gemeindebibliotheken, Parkanlagen oder Schrebergärten können diese Rolle einnehmen, sofern sie Begegnungen und soziale Interaktion ermöglichen (Oldenburg & Christensen, 2023). Die Bedeutung dieser Orte zeigt sich auch in ihrer Wirkung auf das psychologische Wohlbefinden: Drittorte bieten Stressabbau, Zugehörigkeitserleben, soziale Unterstützung und Erholung – Effekte, die zum Teil mit denen urbaner Parks vergleichbar sind. Gerade Jugendliche und marginalisierte Gruppen profitieren, da solche Orte inklusive Begegnungsräume sein können, in denen soziale Kontrolle vermindert und Identitätsbildung sowie psychische Gesundheit gefördert werden. In modernen Gesellschaften ist jedoch ein Rückgang tradierter Drittorte sowie eine damit verbundene steigende soziale Isolation beobachtbar – Ursachen liegen unter anderem in Urbanisierung, Konsumzwängen, Autozentriertheit und digitalen Ersatzformen. Zur nachhaltigen Sicherung dieser sozialen Schutzräume wird u. a. eine Stadtplanung gefordert, die Third Places ermöglicht und stärkt (Butler & Diaz, 2016). Insgesamt sind Third Places grundlegende Bausteine gesellschaftlicher Kohäsion, die Individuen ermöglichen, sich außerhalb von Pflichtinseln wie Arbeit und Zuhause spontan, unverbindlich und authentisch zu begegnen.

    Beispiele

    • Cafés und Kaffeehäuser (z. B. Pariser Büchercafés oder Wiener Kaffeehäuser), in denen Menschen in entspannter Atmosphäre zusammentreffen
    • Biergärten oder Ale Houses wie in Deutschland und England – historisch bedeutsame Räume der Begegnung
    • Bibliotheken, Parks, Gemeindegärten oder Community Centers, die oft offen zugänglich sind und informellen Austausch fördern
    • Green Third Spaces wie Schrebergärten, die zugleich Naturkontakt und soziale Vernetzung bieten

    Literatur

    Butler, S. M., & Diaz, C. (2016, September 14). “Third places” as community builders. Brookings.
    Jeffres, L. W., Bracken, C. C., Jian, G., & Casey, M. F. (2009). The impact of third places on community quality of life. Applied Research in the Quality of Life.
    Littman, D. (o. J.). How Can “Third Place” Settings Support Young People who Endure Social Oldenburg, R. (1989). The Great Good Place: Cafés, coffee shops, bookstores, bars, hair salons and other hangouts at the heart of a community. Marlowe & Company.
    Oldenburg, R., & Christensen, K. (2023, March 21). Third places, true citizen spaces. UNESCO Courier.
    Psychology Today: Tahmaseb-McConatha, J. (2015, March 14). Comforting third spaces. Psychology Today.
    Verywell Mind. (2024). Why third places are essential to fostering community and well-being.
    Wikipedia. (2025, 3 weeks ago). Third place. Wikipedia.

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert