Wenn eine alltägliche Tätigkeit wie das Urinieren zum Akt des Wartens und Vermeidens wird, spricht man von der sogenannten „schüchternen Blase“ (Paruresis) – ein Tabu unter den Angststörungen. Betroffene können in Gegenwart anderer Menschen teils gar nicht mehr Wasser lassen, selbst wenn ihre Blase prall gefüllt ist. Dahinter steht keine Schwäche des Körpers, sondern eine Hemmung des autonomen Ablaufs: Die Angst aktiviert das sympathische Nervensystem, wodurch der Harnblasenverschlussmuskel angespannter wird und die Entleerung ausbleibt. Was oft als harmloses „Ich war nur kurz blockiert“ abgetan wird, kann sich in einen Teufelskreis verwandeln: Jeder misslungene Versuch verstärkt die Angst, was wiederum künftige Versuche erschwert und das Leben zunehmend einengt. Die gute Nachricht: Es handelt sich um eine behandelbare Angststörung, etwa durch kognitive Verhaltenstherapie und graduierte Konfrontation mit der angstauslösenden Situation – und damit um einen Weg zurück zu Selbstverständlichkeit und Erleichterung.
Literatur
Hammelstein, P. (2005). Lass es laufen! Ein Leitfaden zur Überwindung der Paruresis. Pabst. Deutsche Angst-Hilfe e. V. (2015). Heft 69: Paruresis – die „schüchterne“ Blase. Köln: DAZ-Verlag.