Es lassen sich zwei Denkfehler identifizieren, die in sozialen Situationen häufig auftreten und signifikante Auswirkungen auf zwischenmenschliche Beziehungen und Zusammenarbeit haben können.
Der fundamentale Attributionsfehler manifestiert sich, wenn das Verhalten von Menschen anhand ihrer Persönlichkeit beurteilt wird, anstatt die Umstände zu berücksichtigen, unter denen dieses Verhalten gezeigt wird. Ein Beispiel ist, wenn jemand gestresst und unfreundlich wirkt, und wir diese Reaktion als Charaktereigenschaft deuten, anstatt die äußeren Belastungen (z. B. familiäre Sorgen, Probleme mit dem Partner, beginnende Krankheit) zu erkennen. Steve Ayan (2025) betrachtet den fundamentalen Attributionsfehler als einen zentralen Mechanismus der menschlichen Psyche, denn Menschen neigen eben dazu, Erfolge auf eigene Fähigkeiten und Anstrengungen zurückzuführen, während sie Misserfolge auf äußere Umstände oder andere Personen schieben. Dieses Muster der Selbstrechtfertigung beginnt bereits im Kindesalter und wird über die Lebensspanne hinweg durch vielfältige psychologische Strategien gefestigt. Ayan verdeutlicht anhand eines persönlichen Beispiels – dem Bau eines Holzturms in der Kindheit –, wie intuitiv und früh diese Denkweise etabliert wird, denn solange der Turm steht, ist es das eigene Verdienst, wenn er aber einstürzt, ist der Wind oder ein Geschwisterteil schuld. Diese Form der Selbstentlastung geschieht meist unbewusst und erfordert kaum kognitive Anstrengung und dient letzlich als psychologischer Schutzmechanismus, um das Selbstwertgefühl zu stabilisieren und kognitive Dissonanzen – also Widersprüche zwischen Selbstbild und Erfahrung – zu vermeiden. Diese Tendenz zur verzerrten Ursachenzuschreibung ist nicht zwingend irrational oder problematisch, denn sie erfüllt im Gegenteil eine wichtige Funktion für die psychische Stabilität. Ayan sieht in der Fähigkeit zur Schuldabwehr keinen Mangel an Objektivität, sondern einen essenziellen Bestandteil psychischer Widerstandskraft. Zwar ist es theoretisch richtig, dass Erfolge und Misserfolge meist durch ein komplexes Zusammenspiel interner und externer Faktoren entstehen, doch in der alltäglichen Wahrnehmung verlagern Menschen die Gewichte gezielt zu ihren Gunsten, was zwar nicht immer logisch sein mag, aber emotional entlastend wirkt.
Ein weiterer Aspekt ist der der Übertragung. Diese manifestiert sich in der Übertragung frühere Erfahrungen auf eine neue Person, was zu Vorurteilen führen kann. Ein Beispiel ist die Übertragung von Verhaltensweisen auf einen neuen Arbeitskollegen oder Eeine neue Arbeitskollegin, die an eine unangenehme Person aus der Vergangenheit erinnern. Diese Verhaltensweisen werden bestätigt, um die Erwartungen zu stützen (Bestätigungsfehler). Dies führt dazu, dass die neue Person nicht objektiv beurteilt werden kann. Um solchen Fehlern vorzubeugen, empfiehlt es sich, die betreffende Person besser kennenzulernen und ihre individuelle Geschichte zu verstehen.
Denkfehler im Alltag sind eine praktische und bequeme Lösung für das Gehirn, da sie es entlastet. Um jedoch klarer zu denken und effektiv zu kommunizieren, ist es ratsam, sich dieser Denkfehler bewusst zu werden und sich aktiv zu fragen, ob die Wahrnehmung tatsächlich korrekt und zielführend ist.
Literatur
Ayan, S. (2025). An mir lag’s nicht! Sie haben noch nie vom fundamentalen Attributionsfehler gehört? Macht nichts, Sie können bestimmt nichts dafür. Spektrum der Wissenschaft.