Das Niederknien oder die Kniebeuge, bzw. der Kniefall ist eine Demutsgeste gegenüber einer überlegenen Person, etwa einem König oder politischen Herrscher, wobei vielfach Niederknien als Ausdruck der religiösen Verehrung einer Göttlichkeit oder eines Fürsprechers ausgeführt wird. In zahlreichen Religionen wird daher das Niederknien praktiziert, sowohl als Anbetung als auch als Gebets- und Meditationshaltung, während es im profanen Bereich das Niederknien als symbolische Geste etwa beim Heiratsversprechen gibt.
Es gibt dabei zahlreiche Formen und Nuancierungen mit unterschiedlichen symbolischen und rituellen Bedeutungen, wobei die motorischen Bewegungen des Niederkniens reichen von der Andeutungen einer Beugung des Knies (Knicks) bis zur vollständigen Niederwerfung (Prostratio etwa bei der Priesterweihe).
Das Niederknien vor politischen Herrschern wurde schon einige hundert Jahre vor Christus von Alexander dem Großen in Europa eingeführt, der bei seinem jahrzehntelangen Feldzug die Sitten und Gebräuche der Gegenden und Reiche übernahm, die er erobert hatte. Dazu gehörte auch die proskynesis, die Niederwerfung vor dem Herrscher, die aber immer auch ein religiöses Element hatte, denn Alexander begann sich selbst als eine Art Gottkönig zu betrachten. Aristoteles hingegen fand die Niederwerfung vor einem Herrscher barbarisch und falsch.
Wer niederkniet, unterwirft sich einer Autorität und ordnet sich in einer Hierarchie ganz unten ein. Das Wort ‚Hierarchie‘ ist in diesem Kontext der Auseinandersetzung über die Funktion des Kniens entstanden, als ein Kirchenvater die heilige Ordnung, also die ursprüngliche Bedeutung von Hierarchie, der Engelschöre und Priester beschrieb. Das Niederknien war aber zu jedem Zeitpunkt seiner Geschichte umstritten und hatte immer eine etwas andere Bedeutung. Immer wurde dabei die Frage gestellt: Warum genau tut man dies, was wird darin ausgedrückt, und wer hat überhaupt das Recht, dies einzufordern?
So knien etwa in katholischen Gottesdiensten oder wenn bei Prozessionen das Allerheiligste präsentiert wird, die Menschen nieder, während das die protestantischen Gläubigen nicht tun. Übrigens gingen auch die römischen Legionäre – hier aus Spott und Ironie – vor dem gekreuzigten Jesus auf die Knie. Insbesondere in der christlichen Spätantike wurde viel darüber nachgedacht, ob der große, allmächtige und allwissende Gott es überhaupt nötig hatte, dass man vor ihm ein bestimmtes Gelenk benutzte, denn wer wirklich mächtig ist, braucht solche Demutsbezeugungen nicht. Der heilige Augustinus kam zu dem Schluss, dass es durchaus sinnvoll war, beim Gebet zu knien, jedoch nicht für Gott, für den eine solche Akrobatik nicht nötig war, sondern um sich und den eigenen Körper zu disziplinieren und sich selbst in die rechte demütige Stimmung zu bringen, um zu beten.
Das Knien als eine liturgische Gebärde hat in den Riten der römisch-katholischen Kirche im ausgehenden Mittelalter, zum Teil erst im 16. Jahrhundert, Einzug gehalten und erfuhr ihre endgültige, allgemein verpflichtende Festsetzung durch das Missale von Pius V. In den ersten Jahrhunderten wurde beim Gottesdienst nur gestanden, was heute noch in der Liturgie der Ostkirche der Fall ist, die das Knien bzw. die Kniebeuge in ihren Riten überhaupt nicht kennt. Das Knien kam vermutlich durch das mönchische Chorgebet im Mittelalter auf, bei dem diese knieten, was dann zur Errichtung von Kirchenbänken führte, in denen die Gläubigen während der Messe knien konnten. In der katholischen Liturgie unterscheidet man nach einem Ministrantenportal das „normale“ Knien während der verschiedenen Teile der heiligen Messe von den Kniebeugen, die während des Altardienstes bzw. beim Betreten und Verlassen der Kirche sowie des Vorbeigehens am Tabernakel gemacht werden. Dort wird auch erklärt: „Wie kniet man richtig? Zum Knien komme ich, indem ich aus der Kniebeuge nicht aufstehe, sondern das zweite Bein, nämlich das linke, auch nach hinten ziehe. Nicht mehr meine Füße tragen mein Gewicht, sondern meine Knie. Mein Rücken bleibt dabei immer gerade. Aus dem Knien aufstehen geht genau umgekehrt: zuerst zurück in die Kniebeuge, dann erst aufstehen. Richtig gekniet wird also mit beiden Knien (zuerst mit dem rechten, dann mit dem linken Bein)“ 😉
In der Moderne ist mit dem Footballer Colin Kaepernick, der bei der Nationalhymne aus Protest gegen die nicht zu leugnende Polizeigewalt in Amerika nicht mehr stehen wollte, sondern auf ein Knie ging, eine widerständige Art des Kniens entstanden. Die Kulturgeschichte des Kniens ist daher ebenso eine Geschichte des Gehorsams wie des Widerstandes und der Selbstbehauptung.
Literatur
Gehrlach, Andreas (2020). Knie nieder, beweg die Lippen zum Gebet, und du wirst glauben! Eine Kulturgeschichte des Kniefalls. Live-Zoom-Lecture.
https://de.wikipedia.org/wiki/Niederknien (18-09-14)
https://www.ministrantenportal.de/wissen/gottesdienst/haltungen-gebaerden.html (18-09-14)