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Der therapeutische Einsatz von Halluzinogenen

    Psychedelika bzw. Halluzinogene sind eine breite Gruppe von Drogen, die durch ihre Fähigkeit definiert sind, einen veränderten Bewusstseinszustand hervorzurufen, wobei diese Drogen seit Jahrtausenden sowohl in spirituellen als auch in medizinischen Kontexten verwendet werden, wobei eine Reihe von klinischen Erfolgen in jüngster Zeit das Interesse an der Entwicklung psychedelischer Therapien erneut geweckt hat.

    Halluzinogene sind somit bewusstseinserweiternde bzw. bewusstseinsverändernde chemische Substanzen, die Wahrnehmungen verzerren und sensorische Bilder ohne sensorischen Input erzeugen, wobei die Wirkung in erster Linie in unwirklichen Erscheinungen, Halluzinationen optischer, akustischer oder taktiler Natur besteht, die sich in einer gewissen körperlichen Leichtigkeit und in verstärkten Sinneswahrnehmungen äußert. Negative äußere Einflüsse oder auch Unwohlsein bei der Einnahme lösen häufiger als bei Cannabis negative Akutwirkungen aus, etwa der Horrortrip, der im wesentlichen durch Angst, Angstzustände, Panikattacken und angstbesetzte Bilder bestimmt ist.

    Allerdings ist ein vereinheitlichender Mechanismus, der diese gemeinsamen phänomenologischen und therapeutischen Eigenschaften erklären kann, nach wie vor unbekannt. Nardou et al. (2023) zeigen am Mausmodell, dass die Fähigkeit, die kritische Phase des sozialen Belohnungslernens wieder zu öffnen, eine gemeinsame Eigenschaft aller psychedelischen Drogen ist. Eingesetzt wurden in diesem Versuch Ibogain, Ketamin, LSD, MDMA und Psilocybin. Insbesondere ist der zeitliche Verlauf der Wiedereröffnung der kritischen Periode proportional zur Dauer der akuten subjektiven Effekte, die beim Menschen beobachtet wurden. In einer solchen kritischen Phase ist man dann empfängnisbereiter und eher willig, Signale aus der Umgebung in das neuronales Netzwerk einzuschreiben. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass in solchen Phasen etwa Vögeln ihren Gesang und Menschen eine neue Sprache oder motorische Fähigkeiten lernen, die sie nach einem Schlaganfall verloren hatten. Während bestimmter Entwicklungsphasen des Gehirns zeigt das Nervensystem eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber verhaltensrelevanten Reizen, wobei in dieser Zeit die synaptischen Verschaltungen formbar und flexibel sind, und Verhaltensweisen besser verankert werden. Man identifizierte dabei Unterschiede in der Expression von 65 proteinproduzierenden Genen während und nach dem lernkritischen Zeitraum, wobei etwa 20 Prozent dieser Gene Gerüstproteine in Gehirnzellen im Nucleus accumbens regulieren, also jenem Bereich, der mit sozialem Lernverhalten auf Basis von Belohnung in Zusammenhang steht. Dadurch lieferte die Identifizierung dieser unterschiedlich exprimierten Gene im „offenen Zustand“ im Vergleich zum „geschlossenen Zustand“ den Beweis, dass die Reorganisation der extrazellulären Matrix ein gemeinsamer nachgeschalteter Mechanismus ist, der der durch psychedelische Drogen vermittelten Wiedereröffnung der kritischen Periode zugrunde liegt.

    Literatur

    Nardou, Romain, Sawyer, Edward, Song, Young Jun, Wilkinson, Makenzie, Padovan-Hernandez, Yasmin, de Deus, Júnia Lara, Wright, Noelle, Lama, Carine, Faltin, Sehr, Goff, Loyal A., Stein-O’Brien, Genevieve L. & Dölen, Gül (2023). Psychedelics reopen the social reward learning critical period. Nature, doi:10.1038/s41586-023-06204-3.
    Stangl, W. (2014, 19. Juni). Halluzinogene – Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik.
    https:// lexikon.stangl.eu/3616/halluzinogene.






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