Zum Inhalt springen

Die Form des Gehirns wurde durch die Evolution beeinflusst

    Studien zur vergleichenden Neuroanatomie und zu Fossilien belegen den Einfluss sozio-ökologischer Nischen auf die Morphologie der Großhirnrinde, haben aber zu oft widersprüchlichen Theorien über ihre Entwicklung geführt. Hier untersuchen wir die Beziehung zwischen der Form der Großhirnrinde und der Topographie ihrer Funktion. Schwartz et al. (2023) haben eine gemeinsame geometrische Darstellung der Großhirnrinde von neunzig Arten lebender Supraprimaten (Menschen, Makaken, Büschelaffen, Mäusen, Ratten oder auch Eichhörnchen und Hamster) erstellt, einschließlich häufig verwendeter experimenteller Modellorganismen. Sie konnten durch 3D-Oberflächenmodelle der Gehirne zeigen, dass die Variabilität der Oberflächengeometrie mit der Ökologie und dem Verhalten der Arten zusammenhängt, unabhängig von der Gesamtgröße des Gehirns. Insbesondere die Rekonstruktion der Form der kortikalen Oberfläche aus der Vorzeit und ihre Veränderung im Laufe der Evolution ermöglicht es demnach, die Evolutionsgeschichte der lokalisierten kortikalen Erweiterungen, der modalen Segregation der Hirnfunktionen und ihrer Verbindung zu Verhalten und Kognition nachzuvollziehen. Man konnte sieben Cluster identifizieren, die während der Evolution des Gehirns gemeinsam expandierten und spezifischen Aspekten tierischer wie menschlicher kognitiver Fähigkeiten entsprechen, wobei einzelne kortikale Regionen während der evolutionären Anpassungen an dynamische sozio-ökologische Nischen unterschiedlichen Sequenzen der Flächenvergrößerung folgen, wobei anatomische Korrelate dieser Abfolge von Ereignissen auch heute noch bei lebenden Arten zu beobachten sind und in Zusammenhang mit ihrem aktuellen Verhalten und ihrer Ökologie stehen. Die Ergebnisse zeigen also deutlich, dass sich die Form des Gehirns im Laufe der Evolution parallel zu seiner Funktion entwickelt hat. Damit analysierten die Forscherinnen und Forscher die tiefe Evolutionsgeschichte der Form der menschlichen Kortikalisoberfläche in räumlich und zeitlich zusammenhängende Komponenten mit hochinterpretierbaren funktionellen Assoziationen und betonen, wie wichtig es ist, die Evolutionsgeschichte der Kortikalisregionen bei der Untersuchung ihrer Anatomie und Funktion zu berücksichtigen.

    Literatur

    Schwartz, Ernst, Nenning, Karl-Heinz, Heuer, Katja, Jeffery, Nathan, Bertrand, Ornella C., Toro, Roberto, Kasprian, Gregor, Prayer, Daniela & Langs, Georg (2023). Evolution of cortical geometry and its link to function, behaviour and ecology. Nature Communications, 14, doi:10.1038/s41467-023-37574-x.






    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert