Personennamen sind ein universelles Merkmal der menschlichen Sprache, aber es gibt nur wenige Entsprechungen bei anderen Arten. Während Delphine und Papageien ihre Artgenossen ansprechen, indem sie die Rufe des Empfängers imitieren, sind menschliche Namen keine Imitationen der Laute, die der Träger des Namens normalerweise von sich gibt. Die Bezeichnung von Gegenständen oder Personen ohne Nachahmung der Laute, die von diesen Gegenständen oder Personen erzeugt werden, ist der Schlüssel zur Ausdruckskraft der Sprache. Wenn also nicht imitierte Namensanaloga bei anderen Arten gefunden werden, könnte dies wichtige Auswirkungen auf das Verständnis der Evolution der Sprache haben. Pardo et al. (2023) konnten kürzlich zeigen, dass wilde afrikanische Elefanten sich gegenseitig mit individuell spezifischen Rufen ansprechen, ohne die Vokalisationen des Empfängers zu imitieren. In ihrer Studie konnten mehrere verschiedene Rufe der Elefanten identifiziert werden, da sich die Tiere beim Grasen in mehrere kleine Gruppen aufteilen und manchmal so in der Vegetation versteckt sind, dass sie sich nicht mehr sehen können. Dann stoßen sie in ihren Familienverbänden Rufe aus, auf die einzelne Tiere reagieren und zum Rufer laufen. Dabei konnte die Identität des Empfängers anhand der Rufstruktur besser vorhergesagt werden als zufällig erwartet, und zwar unabhängig davon, ob die Rufe den Rufen des Empfängers mehr oder weniger ähnlich waren als für diesen Rufer typisch. Darüber hinaus reagierten die Elefanten auf die Wiedergabe von Rufen, die ursprünglich an sie selbst gerichtet waren, anders als auf Rufe, die an ein anderes Individuum gerichtet waren. Diese Ergebnisse sind der erste Beweis dafür, dass eine nichtmenschliche Art ihre Artgenossen individuell adressiert, ohne dabei den Adressaten zu imitieren.
Literatur
Michael A. Pardo, Kurt Fristrup, David S. Lolchuragi, Joyce Poole, Petter Granli, Cynthia Moss, Iain Douglas-Hamilton & George Wittemyer (2023). African elephants address one another with individually specific calls. bioRxiv, doi:10.1101/2023.08.25.554872