Eine Studie von Matthew Sachs, einem Harvard-Absolventen und Forscher im Bereich Psychologie, untersuchte die neuronalen Mechanismen, die für intensive emotionale Reaktionen auf Musik verantwortlich sind. Sachs und sein Team konzentrierten sich darauf, warum einige Menschen beim Hören von Musik starke körperliche Reaktionen wie Gänsehaut erleben, während andere weniger emotional reagieren. Die Studie begann mit einer Online-Umfrage unter 237 Teilnehmern, aus denen 20 Probanden für die Hauptuntersuchung ausgewählt wurden. Diese wurden in zwei Gruppen eingeteilt: die „Chill-Faktor-Gruppe“, die bei Musik starke emotionale Reaktionen zeigte, und die „No-Chill-Gruppe“, die keine solchen Reaktionen aufwies. Die Forscher stellten die Hypothese auf, dass Menschen mit stärkeren emotionalen Reaktionen auf Musik mehr Verbindungen zwischen dem auditorischen Cortex und den für Emotionsverarbeitung zuständigen Hirnarealen aufweisen würden.
Während des Experiments hörten die Teilnehmer verschiedene Musikstücke und bewerteten diese auf einer Skala von 0 bis 10. Die „Chill-Faktor-Gruppe“ sollte zusätzlich angeben, wann sie Gänsehaut verspürten. Die Ergebnisse zeigten, dass Lieblingslieder in dieser Gruppe deutlich höher bewertet wurden als Kontrollstücke. Zudem wurden bei den emotional reagierenden Probanden körperliche Veränderungen wie eine sinkende Herzfrequenz und ein steigender Hautleitwert (SCR) festgestellt. Die Studie nutzte bildgebende Verfahren, um die Hirnstrukturen der Teilnehmer zu untersuchen. Dabei zeigte sich, dass Menschen, die häufiger Gänsehaut als Reaktion auf Musik erlebten, stärker ausgeprägte neuronale Verbindungen in der weißen Substanz des Gehirns aufwiesen. Diese Verbindungen waren besonders zwischen der Insula und dem oberen Temporallappen stark ausgeprägt, was für die emotionalen Reaktionen auf Musik verantwortlich sein könnte.
Interessanterweise wurde festgestellt, dass Menschen, die offen für Erfahrungen sind und eine musikalische Ausbildung haben, mit höherer Wahrscheinlichkeit stark emotional auf Musik reagieren. Hirnforscher Eckart Müller bestätigte, dass das Musizieren assoziative Netzwerke im Gehirn anlegt, die es ermöglichen, beim Hören von Musik gleichzeitig emotionale Erinnerungen abzurufen. Die Studie identifizierte auch zwei Untergruppen innerhalb der „Chill-Faktor-Gruppe“: eine mit primär viszeralen emotionalen Reaktionen (wie Kribbeln im Bauch) und eine andere mit eher kognitiven emotionalen Reaktionen (wie Verlust des Zeitgefühls). Beide Gruppen erlebten jedoch Gänsehaut als körperliche Reaktion. Wichtig ist, dass weder Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit noch IQ- oder Sprachunterschiede das Studienergebnis beeinflussten. Die Ergebnisse dieser kleinen Studie unterstützen und bekräftigen frühere Forschungen, die bereits einen Zusammenhang zwischen der Menge an weißer Substanz im Gehirn, insbesondere in den Schläfen- und Frontallappenregionen, und erhöhter emotionaler Empathie festgestellt hatten. Insgesamt liefert diese Studie wichtige Erkenntnisse über die neuronalen Grundlagen emotionaler Reaktionen auf Musik und trägt zum besseren Verständnis der komplexen Wechselwirkungen zwischen Gehirnstruktur, Musik und Emotionen bei.