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Gehirnnetzwerke der Sprachverarbeitung

    Die Sprache ist eine der wichtigsten Fähigkeiten des Menschen zur Kommunikation und Interaktion und bietet einen unschätzbaren Einblick in den menschlichen Geist. Frühere Arbeiten haben verschiedene sprachliche Operationen untersucht, aber die großen Gehirnnetzwerke, die an der Sprachverarbeitung beteiligt sind, sind noch nicht vollständig verstanden. Insbesondere ist wenig über die domänenspezifische Beteiligung von Hirnarealen während der semantischen, syntaktischen, phonologischen und prosodischen Verarbeitung und die Rolle subkortikaler und zerebellärer Areale bekannt. Turker et al. (2023) haben kürzlich eine koordinatenbasierte Metaanalyse zur Sprachverarbeitung durchgeführt, die 403 Experimente umfasste und zeigte, dass insgesamt die bilateralen fronto-temporalen Kortexe am stärksten an der Sprachverarbeitung beteiligt sind, mit der höchsten Aktivierungswahrscheinlichkeit im linken posterioren inferioren frontalen Gyrus. Während für die Syntax keine spezifischen Areale nachgewiesen werden konnten, waren für die Semantik insbesondere die linken posterioren temporalen Areale (linker fusiformer und okzipitotemporaler Kortex) und der linke frontale Pol beteiligt. Phonologie zeigte die höchste Subdomänenspezifität in bilateralen auditorischen und linken postzentralen Regionen, während Prosodie insbesondere die rechte Amygdala und den rechten IFG betraf. In allen Subdomänen und Modalitäten wurden starke bilaterale subkortikale und zerebelläre Beiträge gefunden. Insbesondere das rechte Kleinhirn war an verschiedenen Prozessen beteiligt, darunter Sprachproduktion, visuelle und phonologische Aufgaben. Insgesamt unterstreichen diese Ergebnisse die konsistente Rekrutierung und hohe funktionelle Modularität für die allgemeine Sprachverarbeitung in bilateralen domänenspezifischen (temporo-frontalen) und domänenübergreifenden (medialer frontaler/anteriorer cingulärer Kortex) Regionen, aber auch eine hohe Spezialisierung verschiedener Subregionen für unterschiedliche sprachliche Subdomänen. Neben den „klassischen“ Sprachregionen in der linken Hemisphäre spielen somit vor allem Strukturen in Hirnregionen unterhalb der Großhirnrinde und im Kleinhirn eine wesentliche Rolle bei sprachlichen Prozessen, also Regionen, die in der bisherigen neurowissenschaftlichen Sprachforschung eher vernachlässigt wurden. Insbesondere Prozesse, die die Bedeutung von Sprache und die Verarbeitung von Lauten betreffen, werden vom linken und rechten Kleinhirn unterstützt. Ebenso sind über das Wort hinausgehende Lautmuster, die auch emotionale Bedeutung vermitteln, mit der Aktivierung in der rechten Amygdala, einem paarigen Kerngebiet des Gehirns, verbunden.

    Literatur

    Turker, Sabrina, Kuhnke, Philipp, Eickhoff, Simon B., Caspers, Svenja & Hartwigsen, Gesa (2023). Cortical, subcortical, and cerebellar contributions to language processing: A meta-analytic review of 403 neuroimaging experiments. Psychological Bulletin, doi:10.1037/bul0000403.
    https://www.uniklinikum-leipzig.de/presse/seiten/pressemitteilung_7758.aspx/ (23-09-30)






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