Das menschliche Gehirn arbeitet nach dem Prinzip der Effizienz: Es sucht ständig nach Wegen, Energie zu sparen, indem es Handlungen automatisiert. Was im Alltag oft wie Selbstverständlichkeit wirkt – etwa das Greifen nach der Kaffeetasse oder das Fahrradfahren – ist das Ergebnis fein abgestimmter neuronaler Prozesse. Neurowissenschaftler aus Chemnitz, Magdeburg und Santiago de Chile zeigen in einer aktuellen Studie, dass zielgerichtetes und gewohnheitsmäßiges Verhalten keine getrennten Systeme sind, sondern durch ein Netzwerk ineinandergreifender Schaltkreise gesteuert werden.
Diese sogenannten cortico-basalganglio-thalamo-kortikalen Schleifen verbinden verschiedene Hirnareale – vom Kortex über Basalganglien und Thalamus bis zum Hippocampus. Letzterer kann nicht nur Erinnerungen abrufen, sondern auch zukünftige Handlungsabläufe vorwegnehmen („Preplay“). Sobald ein Ziel gesetzt ist, überträgt der Thalamus die nötigen Informationen an die motorischen Areale, die die Bewegung ausführen.
Gewohnheiten entstehen dabei durch „Abkürzungen“ innerhalb dieser Netzwerke: Wiederholte oder emotional belohnte Abläufe schaffen direkte Verbindungen zwischen Gefühl, Motivation und Motorik. Mit jeder Wiederholung werden diese Bahnen stabiler – nach dem Hebb’schen Prinzip („Was zusammen feuert, verdrahtet sich“). So werden Handlungen zunehmend automatisch abgerufen, ohne bewusste Entscheidung.
Ein weiterer Mechanismus ist das „Chunking“: Das Gehirn bündelt einzelne Handlungsschritte zu kompakten Routinen, die im dorsolateralen Striatum gespeichert sind. Einmal aktiviert, laufen sie wie ein Programm ab – energiesparend und zuverlässig.
Dieses Prinzip der neuronalen Effizienz liefert auch Anregungen für die Entwicklung künstlicher Intelligenz. Während heutige KI-Modelle enorme Rechenleistung benötigen, zeigt das Gehirn, wie Entscheidungen kontextabhängig und ressourcenschonend getroffen werden können – durch das geschickte Zusammenspiel von Analyse und Erfahrung.