Holotropes Atmen ist eine therapeutische Methode, die von den Psychiatern Stanislav und Christina Grof in den 1970er Jahren entwickelt wurde. Sie kombiniert tiefes, beschleunigtes Atmen mit Musik und anderen unterstützenden Elementen, um einen veränderten Bewusstseinszustand zu erzeugen. Das Ziel ist es, tiefere emotionale Blockaden zu lösen, den Zugang zu unbewussten Erfahrungen zu ermöglichen und persönliche Heilung zu fördern. Es wird oft in Gruppensitzungen angewendet, wobei die Teilnehmer durch die intensive Atmung psychische und physische Prozesse erleben, die transformative und heilende Wirkung haben können.
Der Ablauf einer Holotropen Atmen-Sitzung folgt einem strukturierten, aber flexiblen Prozess, der den Teilnehmern helfen soll, tiefere Bewusstseinszustände zu erreichen und persönliche Heilung zu erfahren. Eine typische Sitzung dauert etwa 2 bis 3 Stunden und umfasst mehrere Phasen:
1. Einleitung und Vorbereitung
Zu Beginn einer Sitzung werden die Teilnehmer in einen sicheren, unterstützenden Raum geführt. Der Ablauf wird erklärt, und die Teilnehmer werden in die Technik des holotropen Atmens eingeführt. Dabei wird ihnen klar gemacht, dass es keine festen Erwartungen oder Ziele gibt, sondern dass der Prozess individuell und ohne Bewertung abläuft. Teilnehmer setzen sich oft auf Matten oder Kissen, um eine bequeme Position einzunehmen.
2. Atmen und Musik
Die Sitzung selbst beginnt mit der Atemtechnik: schnelles und tiefes Atmen, das den Körper mit mehr Sauerstoff versorgt und Veränderungen im Bewusstsein hervorrufen soll. Die Musik spielt eine zentrale Rolle, da sie die emotionale Atmosphäre beeinflusst und die Erfahrung vertieft. Zu Beginn wird oft dynamische, kraftvolle Musik gespielt, die das schnelle Atmen unterstützt, später können ruhigere, meditativere Klänge folgen, um die Reise zu stabilisieren und zu beruhigen.
3. Erlebnis und Bewusstseinszustand
Das holotrope Atmen führt zu einem veränderten Bewusstseinszustand, der als transpersonal bezeichnet wird. Die Teilnehmer erleben tiefgehende emotionale, körperliche oder sogar spirituelle Prozesse. Dies kann zu intensiven Gefühlen, Visionen oder Erinnerungen an frühere Leben oder Kindheit führen. In diesem Zustand sind Menschen in der Lage, tief verborgene emotionale Blockaden zu erkennen und zu bearbeiten.
4. Integration
Nachdem der Atemprozess für eine bestimmte Zeit durchgeführt wurde, beginnt eine Phase der Integration. Hier wird die Musik langsamer und ruhiger, und die Teilnehmer haben die Möglichkeit, in Ruhe nachzuspüren, was sie während des Atemprozesses erlebt haben. Einige Teilnehmer möchten sich auch über ihre Erfahrungen austauschen. Oft gibt es auch ein Partner- oder Gruppensetting, in dem der Austausch über die Eindrücke und Erlebnisse stattfindet.
5. Nachbesprechung
Im Anschluss an die Sitzung erfolgt eine Nachbesprechung. Die Teilnehmer können in einem sicheren Raum über ihre Erfahrungen berichten, und die Gruppe kann unterstützend miteinander reflektieren. Dies hilft, das Erlebte zu verarbeiten und in den Alltag zu integrieren.
Dieser Prozess wird stets in einer vertrauensvollen, sicheren Atmosphäre durchgeführt, wobei die Teilnehmer von ausgebildeten Atemtherapeuten begleitet werden, die während des Prozesses als „Sitter“ fungieren, um die Sicherheit zu gewährleisten. Während der Sitzung wird den Teilnehmern auch oft ermöglicht, ihre Erlebnisse durch kreative Ausdrucksformen wie Zeichnen oder Tanzen zu verarbeiten. Es wird erwartet, dass die Teilnehmer mit intensiven physischen oder emotionalen Erfahrungen konfrontiert werden, die eine therapeutische Wirkung haben sollen.
Ähnlichkeiten bestehen zu den Methoden der Bioenergetik von Alexander Lowen, Rebirthing sowie der Wim-Hof-Methode.
Literatur
Grof, S. & Grof, C. (2010). Holotropic breathwork: A new approach to self-exploration and healing. TarcherPerigee.
Grof, S. & Grof, C. (2019). The Holotropic Breathwork manual: Reclaiming wholeness through transformative breathing. Shambhala Publications.