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Hypoxische Hirnschädigung in großer Höhe: Ein neuer Ansatz zur Früherkennung

    Die hypoxische Hirnschädigung in großer Höhe (HHBI) stellt eine schwerwiegende Form der akuten Höhenkrankheit dar. Sie tritt auf, wenn Menschen zu schnell in große Höhen aufsteigen oder sich längere Zeit in Gebieten über 3000 Metern aufhalten. Die Hauptursache für HHBI ist die Hypoxie des Gehirns, also eine mangelhafte Sauerstoffversorgung aufgrund des niedrigen Luftdrucks und geringen Sauerstoffpartialdrucks in Höhenlagen. Die Symptome der akuten Höhenkrankheit beginnen meist vier bis sechs Stunden nach dem Aufstieg mit Kopfschmerzen. Bei fortschreitender Erkrankung können Schwindel, Übelkeit und Herzrasen hinzukommen. Wird in diesem Stadium nicht rechtzeitig gegengesteuert, etwa durch Abstieg oder Behandlung in einer Druckkammer mit Sauerstoffgabe, kann sich der Zustand zu einer lebensbedrohlichen HHBI verschlimmern. Die Überlebenschancen von HHBI-Patienten hängen maßgeblich von einer frühzeitigen Erkennung und Behandlung ab. Allerdings sind die meisten aktuellen Methoden zur Früherkennung von HHBI hinsichtlich ihrer Schnelligkeit und Genauigkeit noch immer unzureichend.

    Vor diesem Hintergrund haben Li et al. (2024) einen vielversprechenden neuen Ansatz entwickelt. Ihre Strategie basiert auf der Beobachtung räumlich-zeitlicher Veränderungen des Sauerstoffgehalts im Gehirn. Mittels In-vivo-Elektrochemie konnten sie nachweisen, dass charakteristische Veränderungen des zerebralen Sauerstoffgehalts unter Höhenbelastung in direktem Zusammenhang mit dem Hypoxie-Status des Gehirns stehen. In Experimenten mit Mäusen untersuchten die Wissenschaftler die Beziehung zwischen dem Sauerstoffgehalt verschiedener Hirnregionen und dem HHBI-Grad unter simulierten Höhenbedingungen von 3000 bis 7500 Metern. Dabei stellten sie fest, dass das Gehirn bei einsetzender Hypoxie zunächst mit einer Umverteilung des Sauerstoffs reagiert: Hirnareale mit höherer Hypoxie-Toleranz erhalten weniger Sauerstoff, um die Versorgung wichtigerer Regionen zu gewährleisten.

    Die elektrochemischen Messungen zeigten, dass bei einer simulierten Höhe von 3000 Metern der Sauerstoffgehalt im primären somatosensorischen Cortex (zuständig für den Tastsinn) stärker abnahm als im Hippocampus (verantwortlich für das Gedächtnis). In beiden Arealen war der Rückgang des Sauerstoffgehalts ausgeprägter als die Abnahme der Sauerstoffsättigung im Blut. Diese Messungen korrelierten mit den Ergebnissen von Gedächtnis- und Tastsinntests. Besonders bemerkenswert war die Erkenntnis, dass anhand der in den ersten ein bis zwei Stunden der Höhenbelastung gemessenen Ströme bereits vorhergesagt werden konnte, ob und in welchem Hirnbereich eine Maus nach drei Tagen eine HHBI erleiden würde. Dies eröffnet die Möglichkeit, das Risiko einer HHBI mehrere Tage im Voraus zu prognostizieren. Man hofft nun, dass diese Erkenntnisse als Grundlage für die Entwicklung einer zuverlässigen Methode zur Früherkennung von HHBI dienen können. Ein solcher Ansatz könnte in Zukunft dazu beitragen, die Überlebensrate von Patienten mit HHBI deutlich zu verbessern, indem rechtzeitig präventive Maßnahmen ergriffen werden können.

    Literatur

    Li, X., Zhu, B., Dong, N., Zhao, Z., Cao, J., Zhou, L., Gao, Z., & Su, B. (2024). Early detection of high-altitude hypoxic brain injury by in vivo electrochemistry. Angewandte Chemie International Edition, e202416395. https://doi.org/10.1002/anie.202416395






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