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Keine Geschlechtsunterschiede im Multitasking

    Nach einem populären Stereotyp sind Frauen angeblich besser im Multitasking als Männer, aber empirische Beweise für geschlechtsspezifische Unterschiede in der Multitasking-Leistung sind äußerst widersprüchlich. Frühere Arbeiten haben sich dabei oft auf spezifische Aspekte des Multitasking konzentriert und auch geschlechtsspezifische Unterschiede in den Fähigkeiten, die zur Leistung des Multitasking beitragen, nicht berücksichtigt. Hirsch et al. (2019) haben daher Geschlechtsunterschiede im sequentiellen und gleichzeitigen Multitasking überprüft, während mögliche Geschlechtsunterschiede im Arbeitsgedächtnis, in der Verarbeitungsgeschwindigkeit, in den räumlichen Fähigkeiten und in der fluiden Intelligenz kontrolliert wurden. Konkret mussten in dieser Untersuchung die ProbandInnen auf einem Bildschirm erscheinende Buchstaben als Vokale oder Konsonanten identifizieren, wobei eine zweite Aufgabe darin bestand, Zahlen als gerade oder ungerade zu bestimmen. In einigen Testdurchläufen mussten diese zwei Aufgaben gleichzeitig erledigt werden, in anderen Testdurchläufen von der einen auf die andere Aufgabe umschalten. Für die in der Studie getesteten Leistungen wie die Aktualisierung des Arbeitsspeichers fanden sich demnach keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen beim Multitasking sind daher äußerst gering bzw. gar nicht vorhanden, und auch evolutionär oder genetisch gibt es für einen solchen Unterschied keine wirklichen Gründe. Generell hat sich das menschliche Gehirn dafür entwickelt, dass sich Menschen auf das Wesentliche konzentrieren und Multitasking ist daher etwas, was Menschen wohl ausgesprochen schlecht können.

    Nach Ansicht des Neurobiologen Lutz Jäncke (Universität Zürich) lösen sich die Geschlechterunterschiede in der anatomischen Vernetzung fast vollständig in Luft auf, wenn man die unterschiedliche Gehirngröße herausrechnet, denn schließlich wiegt ein durchschnittliches männliches Gehirn etwa 1400 Gramm, ein weibliches hingegen 1300 Gramm. Selbst innerhalb ein und desselben Geschlechts waren bei den größeren Gehirnen die beiden Hälften schwächer vernetzt als bei den kleineren, sodass die stärkere Verknüpfung innerhalb einer Hirnhälfte bei Männern also wohl nicht in erster Linie am Geschlecht lag, sondern schlicht daran, dass Männer im Schnitt größere Gehirne haben. Es gibt in Wahrheit daher keinen einzigen Beleg dafür, dass die Kommunikation zwischen den Hirnhälften der Frauen besser ist als bei den Männern, sodass Frauen im Multitasking genauso schlecht sind wie Männer.

    Literatur

    Hirsch, P., Koch, I., & Karbach, J. (2019). Putting a stereotype to the test: The case of gender differences in multitasking costs in task-switching and dual-task situations. PLoS ONE, doi:10.1371/journal.pone.0220150.






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