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Kriterien der Partnerwahl

    Paare weisen oft erstaunliche Ähnlichkeiten auf, nicht nur in ihren Gewohnheiten, sondern auch in körperlichen Merkmalen wie ihren Gesichtszügen. Dies wurde bereits 1968 vom Anthropologen James Norman Spuhler empirisch nachgewiesen und durch zahlreiche verhaltensgenetische Studien im Laufe der Jahre bestätigt. Obwohl diese Beobachtung nicht bei allen Paaren zutrifft, sind solche Ähnlichkeiten eher die Ausnahme. Es gibt mehrere Theorien, die erklären, warum sich Paare im Laufe der Zeit so stark ähneln, besonders in fünf Bereichen:

    1. Gene: Eine der prominentesten Erklärungen für die Ähnlichkeit von Paaren basiert auf den genetischen Gemeinsamkeiten. Eine Studie von 2013 zeigte, dass Menschen sich besonders zu Gesichtern hingezogen fühlen, die ihnen selbst ähnlich sind. In einem Experiment bevorzugten Probanden die gemorphten Gesichter ihrer Partner, die unmerklich Züge des Betrachters selbst beinhalteten. Diese Präferenz lässt sich durch die Theorie der „gerichteten Partnerwahl“ erklären, bei der Menschen nach Partnern suchen, deren Gene mit den eigenen kompatibel sind, um ihre Gene in der nächsten Generation möglichst unverändert weiterzugeben. Eine Studie aus Barcelona von 2022 bestätigte diese Theorie, indem sie eine genetische Untersuchung von „Doppelgängern“ vornahm, deren Gesichter verblüffende Ähnlichkeiten aufwiesen, und feststellte, dass diese Paare auch genetisch Ähnlichkeiten aufwiesen.
    2. Prägung: Menschen neigen nicht nur dazu, sich zu Partnern mit ähnlichen Gesichtszügen zu hingezogen zu fühlen, sondern auch zu solchen, die Züge ihrer Eltern aufweisen. Eine Studie von 2010 zeigte, dass Probanden attraktive Fotos des jeweils anderen Geschlechts eher als attraktiv wahrnahmen, wenn sie vorher ein Bild ihres Vaters (bei Frauen) oder ihrer Mutter (bei Männern) unbewusst gesehen hatten. Diese Präferenz könnte auf eine kindliche Prägung zurückzuführen sein, bei der das Gehirn Gesichter von Eltern als vertraut und positiv abspeichert, was später als Grundlage für die Wahl eines Partners dient. Allerdings sind die Ergebnisse solcher Experimente mit unterschwelliger Wahrnehmung umstritten und daher mit Vorsicht zu genießen.
    3. Seelenverwandtschaft: Es wird auch vermutet, dass sich Paare aufgrund einer tiefen emotionalen Verbindung ähnlicher werden. Eine umfangreiche Studie von Tanya Horwitz an der University of Colorado zeigte, dass Paare in vielen psychischen Merkmalen wie politischen und religiösen Einstellungen sowie Bildung und Intelligenz bemerkenswerte Ähnlichkeiten aufweisen. Diese Ähnlichkeiten könnten durch gemeinsame Werte und Erfahrungen entstehen, die Paare im Laufe ihrer Beziehung teilen und die zu einer stärkeren emotionalen Bindung führen. Eine ähnliche Übereinstimmung bei Persönlichkeitsmerkmalen wie Extraversion und Neurotizismus wurde jedoch weniger stark festgestellt.
    4. Lebensstil: Paare, die zusammenleben, entwickeln oft ähnliche Lebensgewohnheiten. Ein spanisches Forschungsteam fand heraus, dass Paare, insbesondere frisch verheiratete, in Bezug auf den Body-Mass-Index (BMI) einander ähneln, was darauf hindeutet, dass sich ihre Ernährungsgewohnheiten und körperlichen Merkmale im Laufe der Zeit anpassen. Dies könnte auf einen gemeinsamen Lebensstil zurückzuführen sein, etwa ähnliche Essgewohnheiten, Sportaktivitäten oder Freizeitgestaltungen. Allerdings zeigte die Studie, dass diese Ähnlichkeit bei frisch verheirateten Paaren stärker ausgeprägt war als bei langjährigen Paaren, was darauf hindeutet, dass Paare mit der Zeit nicht zwangsläufig immer mehr einander anpassen.
    5. Einfühlung: Eine weitere Theorie besagt, dass Paare im Laufe der Zeit aufgrund ihrer emotionalen Nähe und Einfühlung in den Partner ähnliche Gesichtszüge entwickeln. Eine Studie von Robert Zajonc aus dem Jahr 1987 zeigte, dass Paare, die seit vielen Jahren verheiratet waren, sich stärker ähnelten als frisch verheiratete Paare. Zajonc vermutete, dass Paare über die Jahre hinweg immer mehr empathisch miteinander verschmelzen und dies sich in einer ähnlichen Mimik und Gesichtsausdruck widerspiegelt. Dies könnte auf die emotionale und soziale Synchronisierung im Laufe der Zeit zurückzuführen sein.

    Es bleibt jedoch unklar, ob Paare sich wirklich in ihren Gesichtszügen anpassen oder ob sie schon von Anfang an ähnliche Merkmale teilen. Eine Studie aus dem Jahr 2010 von Mikhila Humbad zeigte, dass die Persönlichkeitsmerkmale von Paaren im Laufe der Zeit nicht signifikant übereinstimmen. Trotz vieler gemeinsamer Erfahrungen bleibt die individuelle Persönlichkeit oft unverändert, selbst nach Jahrzehnten der Beziehung.

    Literatur

    Fraley, R. C., & Marks, M. J. (2010). Westermark, Freud, and the incest taboo: Does familial resemblance activate sexual attraction? Personality and Social Psychology Bulletin, 36, 755–767.
    Humbad, M. N., Cook, A. W. W., & Forren, J. R. P. (2010). Is spousal similarity for personality a matter of convergence or selection? Personality and Individual Differences, 49, 827–830.
    Horwitz, T. B., O’Donnell, J. J. D., Evans, S. S., & Bellingham, L. B. (2023). Evidence of correlations between human partners based on systematic reviews and meta-analyses of 22 traits and UK Biobank analysis of 133 traits. Nature Human Behaviour, 7, 1568–1583.
    Joshi, R. S., Esteller, M., Stojanovic, F. G. B., Oliveira, C. A. M. P., Jaen, M. A. M., Díaz, R. A. M., & Schneider, A. J. (2022). Look-alike humans identified by facial recognition algorithms show genetic similarities. Cell Reports, 40, 111257.
    Oreffice, S., & Quintana-Domeque, C. (2010). Anthropometry and socioeconomics among couples: Evidence in the United States. Economics & Human Biology, 8, 373–384.
    Zajonc, R. B., Adelmann, R. H., Murphy, D. S., & Niedenthal, E. F. M. (1987). Convergence in the physical appearance of spouses. Motivation and Emotion, 11, 335–346.

     






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