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Mensch und Hund

    Zwischenfälle zwischen Menschen und Hunden passieren vor allem dann, wenn Menschen nicht in der Lage sind, die Signale von Hunden richtig zu deuten. Man geht jedoch davon aus, dass der Mensch seit mehr als 40000 Jahren mit den Hunden verbündet ist, sodass Hunde im Lauf dieser langen Domestikationsgeschichte die Fähigkeit entwickelt haben, menschliche Gesten und Sprache zu verstehen, wobei sie sogar den Tonfall und Gesichtsausdruck von Menschen richtig deuten können. Man vermutet auch, dass sich in dieser langen Zeit nicht nur die Hunde an ihre menschlichen Partner angepasst haben, sondern dass auch der Mensch spezielle emotionale Signale und kognitive Fähigkeiten entwickelt hat, die das Verständnis über die Artgrenze hinweg fördern. Amici et al. (2019) haben nun experimentell untersucht, wie gut Menschen die Emotionen von Hunden deuten können und woher dieses Verständnis kommt. Dazu wurden Probanden Fotos von Hunden vorgelegt, wobei die Bilder glückliche, traurige, wütende, neutrale oder ängstliche Gesichtsausdrücke zeigten. Die ProbandInnen – Erwachsenen und Kinder – wurden danach eingeteilt, ob sie selbst einen Hund besaßen oder nicht, und ob sie in einer Kultur aufgewachsen waren, die Hunden positiv gegenübersteht. Dabei zeigte sich, dass die Fähigkeit, die Emotionen der Hunde zuverlässig zu erkennen, vor allem vom Alter und den Erfahrungen abhängt. Die Erwachsenen konnten die Gesichtsausdrücke der Hunde demnach am besten deuten, wenn sie in einer Kultur aufgewachsen waren, die Hunden positiv gegenüber steht, wobei aber Hundehalter nicht besser abschnitten als Probanden ohne Hunde. In jenen Kulturen, in denen Hunde im Alltag eine große Rolle spielen und generell als wichtig angesehen werden, machen Menschen offensichtlich passiv Erfahrungen mit Hunden, sodass nicht unbedingt direkte Erfahrungen mit Hunden notwendig sind, um deren Gesichtsausdrücke zu verstehen. Viel wichtiger ist das kulturelle Umfeld, in dem Menschen aufwachsen. Auch konnten die Befragten unabhängig von ihrem Alter oder ihrer Erfahrung mit Hunden Wut und Fröhlichkeit zuverlässig identifizieren, sodass diesen Fähigkeit möglicherweise einen Effekt der Anpassung im Rahmen der Co-Domestikation darstellt, wobei auch eine andere Interpretation möglich ist, dass nämlich Menschen diese Emotionen grundsätzlich bei allen Säugetieren gut erkennen können. Abgesehen von Wut und Glück waren Kinder in der Studie aber nicht gut darin, die Emotionen von Hunden zu deuten, was dafür spricht, dass die Fähigkeit, zu verstehen wie sich Hunde fühlen, nicht angeboren ist.

    Die Kommunikation zwischen Mensch und Haustier erfordert eine Sprachverarbeitung durch das Tier sowie eine Anpassung der Sprechgeschwindigkeit des Menschen an die jeweilige Aufnahmefähigkeit des Tieres. In ihrer Studie konnten Déaux et al. (2024) nachweisen, dass die Sprachverarbeitungsmechanismen von Hunden und Menschen zwar ähnliche, jedoch nicht identische Strukturen aufweisen. Zudem zeigten die Ergebnisse, dass die stimmlichen Interaktionen zwischen Hund und Mensch der sensomotorischen Abstimmung der Hunde entsprechen. Die genannten Erkenntnisse zur Kommunikation zwischen Hund und Mensch wurden durch die Analyse der Stimmlaute von insgesamt 57 Probanden gewonnen, darunter 30 Hunden sowie 27 Menschen, die in fünf Sprachen miteinander kommunizierten. Des Weiteren wurde bei 22 dieser Menschen deren Kommunikation mit Hunden untersucht, wobei ebenfalls die Hirnaktivität von Menschen und Tieren mittels Elektroenzephalografie gemessen wurde. Es konnte festgestellt werden, dass das Sprechtempo des Menschen im Allgemeinen höher ist als das des Hundes. Letzterer äußert sich durch Bellen, Knurren und Winseln mit einer Geschwindigkeit von etwa zwei Lautäußerungen pro Sekunde. Folglich verfügen Menschen und Hunde über divergente Systeme der Stimmverarbeitung. Die Anpassung der Sprechgeschwindigkeit durch den Menschen könnte darauf abzielen, eine bessere Verständigung mit dem tierischen Gegenüber zu ermöglichen. Dabei ist anzunehmen, dass das Verständnis auf Seiten der Hunde nicht nur vom Inhalt, sondern auch vom Sprachrhythmus abhängt. Die Verlangsamung der Sprechgeschwindigkeit könnte langfristig dazu beigetragen haben, eine bessere Verbindung zwischen Mensch und Tier zu etablieren, insbesondere im Kontext der Domestizierung.

    Literatur

    Amici, Federica, Waterman, James, Kellermann, Christina Maria, Karimullah, Karimullah & Bräuer, Juliane (2019). The ability to recognize dog emotions depends on the cultural milieu in which we grow up. Scientific Reports, 9, doi:10.1038/s41598-019-52938-4.
    Déaux, Eloïse C., Piette, Théophane, Gaunet, Florence, Legou, Thierry, Arnal, Luc & Giraud, Anne-Lise (2024). Dog–human vocal interactions match dogs’ sensory-motor tuning. PLOS Biology, 22, doi:10.1371/journal.pbio.3002789
    https://www.mpg.de/14130183/gesichtsausdruck (19-11-18)






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