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Motivation in der Psychologie

    Noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts galt die Motivationslehre im deutschen Sprachraum als das Kernstück der Psychologie überhaupt, denn Motive sind der richtungsgebende, leitende, antreibende seelische Hinter- und Bestimmungsgrund menschlichen Handelns, sodaß Motivationsvariablen neben den Stimulus-Bedingungen die wichtigsten Verhaltensdeterminanten sind. In der Motivationspsychologie können grundsätzlich zwei Perspektiven eingenommen werden: Entweder betrachtet man die meist unbewußten bzw. unreflektierten Prozesse, die durch physiologische und emotionale Appelle zu Verhaltensimpulsen führen (Psychoanalyse, Ethologie, biologisch orientierte Psychologie), oder man untersucht die bewußten, reflektierbaren Willensprozesse und die konkreten Handlungen (kognitivistischen Theorien. Beide Perspektiven finden sich im Begriffspaar der impliziten und der expliziten Motive wieder. Diese theoretische Zweiteilung geht letztlich auf die Anwendung zweier verschiedener Instrumente zur Motivdiagnostik zurück. Auf der einen Seite wurde der Thematische Apperzeptionstest (TAT, Murray, 1943) verwendet, der zu den projektiven Verfahren gezählt wird. Auf der anderen Seite kamen Fragebögen zur Anwendung, mit dem bewußt reflektierte Antworten produziert werden. Dies führte dazu, daß man annahm, daß es zwei Arten von Motiven gäbe, die nicht miteinander korrelierten und daß man spezifisch mit den beiden Methoden je nur die eine Art messen könne. In Untersuchungen von Figner & Grasmück (1999, S. 172) zur Unterscheidung von impliziter und expliziter Motivation beziehungsweise impliziten und expliziten Motiven konnte diese Trennung nicht nachgewiesen werden, vielmehr „fügten sich Selbstbeurteilungen (also die explizite Motivation) und handlungsorientierte Tests (implizite Motivation) harmonisch in den Skalen zu einem konsistenten Ganzen zusammen (…) Wir fühlen uns durch diese Ergebnisse in unserer Annahme bestätigt, dass es sich bei der expliziten und der impliziten Motivation nicht um zwei getrennte und unabhängige Phänomenbereiche handelt, sondern dass die beiden innig und mannigfach miteinander verbunden sind: Die impliziten Motive werden durch das bewusste Erleben und die Reflexionsfähigkeit aufgenommen und treten so in den expliziten Phänomenbereich. Umgekehrt haben die expliziten Motive Einfluss auf den impliziten Bereich. Die beiden Bereiche können sich decken und gegenseitig stützen, doch gibt es natürlich auch Fälle, wo die beiden nicht kongruent sind. Wo man sich willentlich zwingen muss, etwas zu tun (oder zu lassen) oder wo der Wille zu schwach ist, um sich zu etwas aufzuraffen (oder von etwas abzulassen).