Schwimmen gehört zu den beliebtesten Sportarten und gehört zu den gesündesten Aktivitäten überhaupt: Viele verschiedene Muskelgruppen werden gefordert, Verspannungen lockern sich. Regelmäßiges Schwimmen kräftigt den Herzmuskel und beugt so Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor. Es fördert Lungenfunktion sowie Abwehrkräfte, und der Wasserwiderstand stärkt Bindegewebe und Hautgefässe. Schwimmen eignet sich auch ausgezeichnet für Übergewichtige, weil es Bänder, Wirbelsäule und Gelenke schont. Und wenn man die Baderegeln (z.B. nicht überhitzt ins Wasser springen; nie in unbekannte Gewässer springen; nie alkoholisiert oder mit ganz vollem Magen ins Wasser gehen; lange Strecken nicht allein schwimmen) befolgt, ist Schwimmen eher ungefährlich, was die Verletzungsgefahr anbelangt. Stürze gibt es nämlich nicht. Damit es aber nicht zu Fehlhaltungen, Verspannungen und Schmerzen kommt, ist es wichtig, die richtige Technik anzuwenden.
Welcher Schwimmstil ist der gesündeste?
Kraulen und Rückenkraulen entlasten die Wirbelsäule. Aber: Bei Überbelastung kann Kraulen durch die Rotation der Armbewegung Schulterbeschwerden verursachen. Zudem erfordert Kraulen viel Kraft, Ausdauer und Kondition. Für eine ausgeglichene Belastung sowie eine gute Koordination atmet man abwechslungsweise mal rechts, mal links. Wer jedoch mit einer Einschränkung der Halswirbelsäule schwimmt, sollte jene Seite zum Atmen benutzen, die ihm angenehmer ist.
Wenn einem Kraulen nicht so liegt, welche Alternativen gibt es?
Auch Elemente aus dem Synchronschwimmen, so etwa diverse Paddelformen, können hervorragend zu einer stabilen Rumpfmuskulatur (also Brust-, Bauch- und Rückenmuskulatur) beitragen und sind sehr gesund. Besonders gesund ist zudem Flossenschwimmen oder Aquajogging mit einer Schwimmweste.
Brustschwimmen kann zu Nackenschmerzen führen. Weshalb?
In der Lage «Brust» kann ohne große Anstrengung sehr lange und entspannt geschwommen werden. Um vom Brustschwimmen zu profitieren, ist es am besten, den Kopf bei jedem Zug ins Wasser einzutauchen. Doch Schwimmerinnen sind oft bemüht, Gesicht und Haare aus dem Wasser zu halten. Das macht die positiven Aspekte des Brustschwimmens zunichte. Wird der Kopf ständig angestrengt aus dem Wasser gehalten, steigt die Belastung in der Halswirbelsäule um ein Vielfaches an. Diese Belastung ist vor allem bei einer bereits vorgeschädigten Halswirbelsäule oft zu hoch, die Folge sind Nackenschmerzen. Aber auch die Lendenwirbelsäule wird beim Brustschwimmen in lockerer Lage überstreckt. Bei Rückenproblemen kann das zu zusätzlichen oder stärkeren Schmerzen führen.
Was kann man gegen Nackenschmerzen beim Brustschwimmen tun?
Eine gute Badekappe schützt vor dem Nass. Dank ihr kann der Kopf bei jedem Zug ins Wasser eintauchen, ohne dass die Haare nass werden. Auf diese Weise ist der Nacken weniger stark belastet. Zudem kann die Gleitphase ruhig und entspannt gestaltet werden, sodass die Zeit der Belastung verkürzt wird.
Was sollen Menschen mit Kniebeschwerden machen?
Bei Kniebeschwerden sollte man den Kraul-Stil bevorzugen. Bei korrekter Durchführung dieser Technik kommt der Impuls für den Beinschlag aus der Hüfte und schont so das Knie. Je nach Knieproblem kann man auch mit Flossen schwimmen und so die Kniemuskulatur ohne große Gelenkbelastung trainieren.
Was eignet sich für Menschen mit Rückenbeschwerden?
Für Leute mit Rückenproblemen sind grundsätzlich Rückenschwimmen oder Elemente aus dem Synchronschwimmen empfehlenswert, wie zum Beispiel, flach an der Wasseroberfläche zu liegen. Mit leicht angespannten Bauchmuskeln ist auch das Flossen- oder sogar das Kraulschwimmen geeignet. Gar nicht zu empfehlen ist hingegen der Schmetterlingsstil. Auch das Brustschwimmen ist nicht ideal. Grundsätzlich gilt: Der Rücken sollte während des Schwimmens, nach dem Schwimmen und am Tag danach nicht schmerzen. So kann man davon ausgehen, dass die Belastung in Ordnung war.
Wie wichtig sind ein stabiler Rumpf und eine bewegliche Halswirbelsäule?
Beide sind von Bedeutung: Der stabile Rumpf respektive das korrekte Einsetzen der Rumpfmuskeln beim Schwimmen verhindert eine Über- oder Fehlbelastung der Wirbelsäule, sodass das Schwimmen wirklich guttut und nicht Schwierigkeiten mit der Wirbelsäule mit sich bringt. Eine bewegliche Halswirbelsäule ist wichtig für den optimalen Schwimmstil im Kraulen. Aber auch unbewegliche Schwimmer können mit ein wenig Körperrotation die mangelnde Beweglichkeit kompensieren und so problemlos trainieren und sich am Kraulen freuen.
Sollte man vor dem Schwimmen Aufwärm- oder Lockerungsübungen machen?
Eigentlich sollte man sich locker und gemütlich einschwimmen. Für die Schulterpartie sind einige Dehnungsübungen wertvoll. Insbesondere vor einem Kopfsprung ins Wasser sollte man die Schultern dehnen, damit die Arme nicht überstreckt werden und Schulterprobleme die Folge sind.
Sollte man Flossen oder Schwimmhandschuhe verwenden?
Flossen trainieren die Beine und sind darum ein gutes Hilfsmittel. Schwimmhandschuhe belasten die Schultern mehr und erhöhen so das Risiko für Schulterprobleme.
Ist es sinnvoll, die richtige Schwimmtechnik in einem Kurs zu lernen?
Selbstverständlich ist das Lernen einer Technik bei einem Profi zu empfehlen. Ein Schwimmlehrer oder eine Schwimmlehrerin weiß, worauf bei den einzelnen Techniken zu achten ist.
Kann man in jedem Alter noch einen neuen Schwimmstil, also zum Beispiel Kraulen erlernen?
Sicherlich – wenn man gesund ist und den nötigen Willen besitzt. Da aber je nachdem bereits ab 50 Jahren Schulterprobleme mit Schleimbeutelentzündungen und vor allem mit gerissenen Sehnen auftreten, würde ich eher davon absehen, in diesem Alter noch Kraulenen zu lernen.
Die besten Tipps
Kraulen- und Rückenkraulen
Beide Stile schonen die Wirbelsäule. Rückenkraulen: Gefahr von Zusammenstößen beachten.
Brustschwimmen
Wenn Sie bei jedem Zug den Kopf ins Wasser eintauchen, wird der Nacken weniger belastet.
Taucherbrille/Schnorchel
Sie erlauben das Atmen unter Wasser, der Nacken wird entlastet.
Schwimmstil
Wechseln Sie zwischen den Stilen ab. Das fördert die Vielseitigkeit und mildert die Gefahr von Überbelastung.
Schmerzen
Bei Schmerzen im Rücken oder in den Gelenken weniger intensiv trainieren. Anhaltende Schmerzen von einem Arzt oder Chiropraktiker abklären lassen.
Quelle: Tages Anzeiger vom 29. Juni 2019