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Sketchnotes, Flipcharts und Graphic Recording

    Sketchnotes, Flipcharts und Graphic Recording sind visuelle Methoden der Informationsvermittlung, die zunehmend in Bildung, Wirtschaft und Kommunikation eingesetzt werden, um Inhalte nicht nur verständlicher, sondern auch einprägsamer zu machen. Diese Techniken kombinieren visuelle Elemente mit Textinhalten und nutzen die kognitive Stärke des Menschen, Informationen visuell besser zu verarbeiten und zu behalten. Der folgende Essay beleuchtet die Wirkweise und den Nutzen dieser visuellen Methoden und stützt sich dabei auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Erfahrungen.

    Die grundlegende Idee hinter Sketchnotes, Flipcharts und Graphic Recording ist die visuelle Aufbereitung komplexer Informationen durch einfache Zeichnungen, Symbole, Diagramme und handgeschriebene Texte. Während Sketchnotes meist individuell angefertigte Notizen in visuell angereicherter Form sind, dienen Flipcharts der Präsentation vor Gruppen in Workshops, Meetings oder Seminaren. Graphic Recording hingegen beschreibt das gleichzeitige visuelle Protokollieren von gesprochenen Inhalten bei Veranstaltungen – in Echtzeit und meist auf großen Papierbahnen oder digitalen Whiteboards. Trotz ihrer formalen Unterschiede teilen alle drei Ansätze ein gemeinsames Ziel: Inhalte so aufzubereiten, dass sie nicht nur kognitiv leichter erfasst, sondern auch langfristig gespeichert werden können.

    Aus kognitionspsychologischer Sicht stützt sich der Erfolg visueller Methoden auf das sogenannte „Dual Coding“-Prinzip, das erstmals von Allan Paivio (1986) beschrieben wurde. Laut dieser Theorie verarbeitet das menschliche Gehirn Informationen in zwei getrennten Kanälen – einem verbalen und einem bildlichen. Wenn Informationen sowohl sprachlich als auch visuell codiert werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie im Langzeitgedächtnis verankert bleiben. Unterstützt wird dieser Befund durch Mayer und Anderson (1992), die in ihren Studien zeigten, dass Lernende signifikant besser verstehen und behalten, wenn Informationen simultan verbal und visuell präsentiert werden. Genau hier setzen Sketchnotes und Graphic Recording an: Sie bieten eine doppelte Codierung durch Text und Bild, was die mentale Verarbeitungstiefe erhöht und den Wissenstransfer fördert.

    Ein weiterer wesentlicher Vorteil dieser Methoden liegt in ihrer Aktivierungsfunktion. Das Anfertigen von Sketchnotes beispielsweise verlangt eine aktive Auseinandersetzung mit dem Gehörten oder Gelesenen. Der Notierende muss Informationen selektieren, strukturieren und in eine visuell nachvollziehbare Form bringen. Dieser Prozess fördert nicht nur die Konzentration, sondern auch das kritische Denken und das tiefere Verständnis. Studien zur sogenannten „Generation Effect“-Theorie (Slamecka & Graf, 1978) haben gezeigt, dass selbstgenerierte Inhalte – im Gegensatz zu bloß konsumierten – wesentlich besser erinnert werden. Das trifft in besonderem Maße auf visuelle Notizen zu, die der Nutzer eigenständig entwickelt und gestaltet.

    Im beruflichen Kontext, insbesondere bei der Moderation von Gruppenprozessen, werden Flipcharts und Graphic Recording häufig eingesetzt, um Diskussionen zu strukturieren, Ergebnisse festzuhalten und eine gemeinsame visuelle Referenz zu schaffen. Der visuelle Charakter dieser Werkzeuge erleichtert es den Teilnehmenden, den roten Faden zu behalten, Zusammenhänge zu erkennen und sich aktiv einzubringen. Zudem haben Studien gezeigt, dass visuelle Darstellungen soziale Interaktionen fördern und die Teamkommunikation verbessern können (Eppler & Mengis, 2007). Das gemeinsame Betrachten eines Flipcharts oder eines Graphic Recordings schafft eine geteilte Wissensbasis, auf die sich alle Teilnehmenden beziehen können – ein nicht zu unterschätzender Vorteil in komplexen Kommunikationsprozessen.

    Auch im Bildungskontext gewinnen visuelle Methoden zunehmend an Bedeutung. Pädagogische Forschungen zeigen, dass insbesondere Schüler und Studierende von visualisierten Lerninhalten profitieren, da diese sowohl das Interesse steigern als auch die Merkfähigkeit verbessern (Tversky, Morrison & Betrancourt, 2002). Die Kombination von Bild und Text hilft dabei, abstrakte Konzepte anschaulich zu machen und fördert das sogenannte „Deep Learning“, also ein tieferes Verständnis der Materie über bloßes Auswendiglernen hinaus. Lehrkräfte berichten zudem, dass durch den Einsatz visueller Medien die Motivation und Beteiligung der Lernenden steigt.

    Nicht zuletzt bieten Sketchnotes, Flipcharts und Graphic Recording einen kreativen Zugang zu Wissen. Die visuelle Gestaltung ermutigt dazu, Inhalte nicht nur logisch, sondern auch ästhetisch zu durchdenken. Dabei entstehen oft originelle Verbindungen und neue Einsichten. Dieser kreative Prozess kann auch auf emotionaler Ebene wirksam sein, denn Bilder sprechen nicht nur den Intellekt, sondern auch das Gefühl an. Sie schaffen Ankerpunkte im Gedächtnis, die über rein rationale Inhalte hinausreichen – ein Aspekt, der insbesondere im Bereich der Erwachsenenbildung und im Coaching eine Rolle spielt (Roam, 2009).

    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Sketchnotes, Flipcharts und Graphic Recording wirkungsvolle Instrumente sind, um Inhalte verständlicher und einprägsamer zu vermitteln. Ihre Stärke liegt in der Verbindung von visueller und verbaler Kommunikation, die sowohl die kognitive Verarbeitung als auch die emotionale Beteiligung der Rezipienten fördert. In Zeiten wachsender Informationsflut und sinkender Aufmerksamkeitsspannen stellen diese Methoden eine effektive und zeitgemäße Form der Wissensvermittlung dar, die sowohl in pädagogischen als auch in professionellen Kontexten breite Anwendung findet.

    Literatur

    Eppler, M. J., & Mengis, J. (2007). The Concept of Information Overload: A Review of Literature from Organization Science, Accounting, Marketing, MIS, and Related Disciplines. The Information Society, 20(5), 325–344.
    Mayer, R. E., & Anderson, R. B. (1992). The Instructive Animation: Helping Students Build Connections Between Words and Pictures in Multimedia Learning. Journal of Educational Psychology, 84(4), 444–452.
    Paivio, A. (1986). Mental representations: A dual coding approach. Oxford University Press.
    Roam, D. (2009). The Back of the Napkin: Solving Problems and Selling Ideas with Pictures. Portfolio.
    Slamecka, N. J., & Graf, P. (1978). The Generation Effect: Delineation of a Phenomenon. Journal of Experimental Psychology: Human Learning and Memory, 4(6), 592–604.
    Tversky, B., Morrison, J. B., & Betrancourt, M. (2002). Animation: Can it facilitate? International Journal of Human-Computer Studies, 57(4), 247–262.






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