Für über eine halbe Million Schülerinnen und Schüler in Ostösterreich beginnen mit dem Zeugnistag am Freitag die Sommerferien. Während sich viele auf eine unbeschwerte Zeit mit Freunden, Reisen oder Nichtstun freuen, stellt der Ferienbeginn für einige auch eine belastende Übergangsphase dar – insbesondere für jene, die mit einem oder mehreren Fünfern im Zeugnis konfrontiert sind. Eine Nachprüfung im Herbst ist dann oft unvermeidlich, was Lernen während der Ferien notwendig macht. Laut Bildungsministerium betrifft das rund sechs bis sieben Prozent aller Schüler:innen in Österreich. Etwa 33.000 werden eine Wiederholungsprüfung ablegen, rund 40.000 Schüler:innen könnten die Klasse wiederholen müssen. Diese Situation ist nicht nur für die betroffenen Kinder belastend, sondern auch für Eltern, die oft unsicher sind, wie sie angemessen auf schlechte Noten reagieren sollen.
Fachleute wie Birgit Satke von „Rat auf Draht“ oder Psychotherapeutin Barbara Binder von elternseite.at betonen: Bestrafungen, Vorwürfe oder Beschämung sind kontraproduktiv. Vielmehr sollte das Gespräch gesucht werden – wertschätzend, verständnisvoll und ohne Druck. Denn schlechte Noten sind meist keine Frage von Faulheit, sondern Ausdruck von Überforderung, emotionalen Belastungen oder strukturellen Problemen im Lernprozess. Auch Markus Kalina von der Schülerhilfe rät zu Gelassenheit und rückt die Bedeutung einer Erholungsphase zu Ferienbeginn in den Vordergrund. Zwei bis drei Wochen Lernpause seien wichtig, bevor ein strukturierter Lernplan erstellt wird. Der Plan sollte flexibel, realistisch und mit klaren Zielen gestaltet sein. Digitale Tools und Künstliche Intelligenz wie ChatGPT können hier unterstützend wirken.
Lernzeiten von drei bis vier Einheiten pro Woche à 60 bis 90 Minuten gelten als sinnvoll. Methodenvielfalt – etwa Lernvideos, Karteikarten oder Mindmaps – fördert die Motivation. Ebenso entscheidend: Eltern sollten Lernräume schaffen, die Konzentration ermöglichen, ohne starre Vorstellungen vom „richtigen“ Lernort durchzusetzen. Wichtig ist vielmehr, mit dem Kind gemeinsam herauszufinden, was individuell gut funktioniert. Zugleich sollten Eltern nicht die ganze Verantwortung übernehmen. Unterstützung durch Freund:innen, Verwandte oder professionelle Nachhilfe kann Spannungen im Familienalltag abbauen. Wenn familiäre Gespräche zum Thema Lernen zunehmend belasten, bieten Stellen wie elternseite.at oder die Schulpsychologie Österreich hilfreiche Beratung an.
Besonders in der letzten Woche vor der Nachprüfung raten Fachleute wie Kalina dazu, nicht mehr intensiv zu lernen, sondern nur zu wiederholen und Selbstvertrauen zu stärken. Aktivitäten, in denen Kinder eigene Stärken erleben, helfen, Prüfungsängste abzubauen. Auch ein realistisches Gespräch über das „Worst-Case-Szenario“ – also das Wiederholen der Klasse – kann Ängste relativieren. Denn ein Wiederholungsjahr ist keine Katastrophe, sondern kann auch eine wertvolle Chance zur Neuorientierung und Entwicklung sein. Nicht zuletzt geht es darum, dem Kind zu vermitteln: Sein Wert hängt nicht von einer Note oder einem Schuljahr ab. Verständnis, Verlässlichkeit und Zuversicht bilden die Grundlage dafür, dass Lernen auch in herausfordernden Zeiten gelingt.
Siehe dazu: Nachprüfung und Wiederholungsprüfung – Tipps und Tricks.