Evolutionspsychologisch gesehen stellt die Nacht für den Menschen eine Gefahr dar, denn Dunkelheit erlaubt es anderen Menschen, sich zu verstecken oder gar jemandem aufzulauern. Auch sind in der Nacht weniger Menschen unterwegs, die bei Gefahren helfen könnten, d. h., die Nacht ist also objektiv betrachtet unsicherer und daher gefährlicher als der Tag. Die Angst vor der Nacht ist zum Teil im Laufe des Lebens gelernt, etwa wenn Kindern gesagt wird, dass sie bei Anbruch der Dunkelheit zu Hause sein müssen. Zusätzlich gibt es mit Sicherheit auch eine genetische Verankerung, denn schon Säuglinge und kleine Kinder nehmen die Dunkelheit oft als sehr bedrohlich wahr, wobei solche Ängste Teil der normalen Entwicklung sind. Gerade bei Kindern löst Dunkelheit Verunsicherung aus und regt deren Vorstellungskraft an, denn da ihr Gehirn bekanntlich immer versucht vorherzusagen, was sie mit ihren Sinnen wahrnehmen, funktioniert dieser Mechanismus in der Dunkelheit nicht so gut. Da die visuelle Information in der Dunkelheit unscharf wird, kann man Kontraste und Objekte weniger gut erkennen, und das Gehirn muss sehr viel hinzukonstruieren, wobei dann oft die Fantasie dabei die Oberhand gewinnt. Das ist auch bei auditiver Wahrnehmung so, denn wenn es ruhig ist, reagieren Menschen sehr sensitiv auf kleinste Geräusche und meinen, etwas oder jemanden gehört zu haben. Auch das liegt daran, dass die Information von außen diffus ist, sodass das Gehirn versucht, etwas vorzugaukeln. Übrigens ist das menschliche Gehirn ganz schlecht darin, objektive Fakten über die Gefährlichkeit in der Welt zu generieren und als Basis für Entscheidungen und das Verhalten zu verwenden, sodass etwa auch das Wissen um eine geringe Kriminalitätsrate nichts daran ändert, dass Menschen in einer dunklen Gasse Angst vor einem Überfall haben.
Literatur
https://de.wikipedia.org/wiki/Angststarre (16-09-30)
https://www.derstandard.at/story/2000113979547/warum-haben-wir-angst-im-dunkeln (20-02-03)