Zum Inhalt springen

Was ist der Mensch?

    In Die Ordnung der Dinge (1969) hat Michel Foucault in den Wissenschaften einen Umbruch um das Ende des 18. Jahrhunderts festgestellt, der das Erscheinen dieses uns heute noch bekannten Menschen als Subjekt und Objekt des Wissens erst ermöglichte. Nach Foucault gab es drei Formen der Objektivierung:

    • die Objektivierung des sprechenden Subjekts (in der allgemeinen Grammatik, in der Philologie und in der Linguistik),
    • die Objektivierung des produktiven Subjekts (in der Analyse der Reichtümer und der Ökonomie) und
    • die Objektivierung der puren Tatsache des Lebens (in der Naturgeschichte und der Biologie).

    Das Wissen vom Menschen ist daher in die allgemeine Struktur und Dynamik der Wissensformationen eingebunden, letztlich ohne diese gar nicht denkbar. In der Herausbildung der voneinander autonom gedachten wissenschaftlichen Disziplinen wird der Mensch seit dem 19. Jahrhundert zu einem interdisziplinären und multikontextuellen Referenzobjekt. Das Wissen vom Menschen verteilt sich dabei auf einzelne, zunehmend schwerer untereinander vermittelbare Disziplinen, die die Welt und ihre Phänomene nicht mehr als Ganzes beobachten können, sondern auf spezialisierte Beobachter von Ausschnitten daraus verteilen. So differenziert sie das anthropologische Wissen im 19. Jahrhundert in zahlreiche konkurrierende Konzepte, die auf die Frage, was der Mensch denn eigentlich sei, bis heute kontroverse Bestimmungen und unvereinbare Antworten produzieren.

    Wenn aber der Mensch nur in und durch diese Objektivierungen für sich denkbar ist, dann sind es genau diese kontroversen Bestimmungen, mit denen es sich zu beschäftigen gilt. Daher kann nach dieser Auffassung im wissenschaftlichen Diskurs weniger auf Subjekte und Objekte der Wissenschaft abgestellt werden, sondern es ist stets nach den diskursiven und sozialen Praktiken, nach den Macht- und Selbst-Technologien zu fragen, die den Menschen zu dem gemacht haben, was er heute ist. Die heuristische Annahme von Wissenschaft ist also, dass man gegenwärtig eine Reihe von Veränderungen im sozialen, ökonomischen und politischen, im technologischen, wissenschaftlichen und kulturellen Gefüge moderner, westlicher Gesellschaften beobachten kann, die möglicherweise eine der Schwelle um 1800 vergleichbare, historisch neue Stufe der Transformation der modernen Bedingung von Wissensformen und unserer Historizität anzeigen.

    Literatur

    Foucault, M. (1966). Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwissenschaften. Frankfurt am Main: Suhrkamp.






    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert