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Was ist eine schüchterne Blase?

    Wenn eine alltägliche Tätigkeit wie das Urinieren zum Akt des Wartens und Vermeidens wird, spricht man von der sogenannten „schüchternen Blase“ (Paruresis) – ein Tabu unter den Angststörungen. Betroffene können in Gegenwart anderer Menschen teils gar nicht mehr Wasser lassen, selbst wenn ihre Blase prall gefüllt ist. Dahinter steht keine Schwäche des Körpers, sondern eine Hemmung des autonomen Ablaufs: Die Angst aktiviert das sympathische Nervensystem, wodurch der Harnblasen­verschlussmuskel angespannter wird und die Entleerung ausbleibt. Was oft als harmloses „Ich war nur kurz blockiert“ abgetan wird, kann sich in einen Teufelskreis verwandeln: Jeder misslungene Versuch verstärkt die Angst, was wiederum künftige Versuche erschwert und das Leben zunehmend einengt. Die gute Nachricht: Es handelt sich um eine behandelbare Angst­störung, etwa durch kognitive Verhaltenstherapie und graduierte Konfrontation mit der angstauslösenden Situation – und damit um einen Weg zurück zu Selbstverständlichkeit und Erleichterung.

    Es gibt übrigens einen Verein Austrian Paruresis Association (ATPA) mit einer Selbsthilfegruppe, bei der man sich ganz anonym austauschen und auch melden kann, wenn man Hilfe in Anspruch nehmen möchte. In Workshops geht es vor allem darum, sich auszutauschen, festzustellen, dass man nicht allein ist. Bei dem Workshop können sich Betroffene also vor allem austauschen, es werden verschiedene Entspannungsübungen gezeigt, und dann gibt es noch Pee-Buddys. Dabei gehen immer zwei Teilnehmer oder Teilnehmerinnen zusammen in verschiedene Lokale oder öffentliche Toiletten. Beide versuchen sich dann ihren Ängsten zu stellen und probieren auf einer öffentlichen Toilette zu urinieren. Da der Pee-Buddy die Ängste des anderen sehr gut kennt und sich beide in der gleichen Situation befinden, fällt es leichter, sich seinen Ängsten zu stellen.

    Literatur

    Hammelstein, P. (2005). Lass es laufen! Ein Leitfaden zur Überwindung der Paruresis. Pabst. Deutsche Angst-Hilfe e. V. (2015). Heft 69: Paruresis – die „schüchterne“ Blase. Köln: DAZ-Verlag.

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