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Watzlawicks Axiome im Licht digitaler Kommunikation

    Nach Ansicht der Kommunikationsexpertin Andrea Köhler-Ludescher scheinen Paul Watzlawicks Axiome zur Kommunikation auch für das Online-Verhalten zu gelten. Watzlawicks erstes und wohl bekanntestes Axiom, „Man kann nicht nicht kommunizieren“, ist virtuell leicht beobachtbar, denn Social-Media-Verweigerer kommunizieren auch durch ihr Fernbleiben von Facebook, Twitter, Instagram oder WhatsApp.

    Die Problematik der Unterscheidung zwischen Inhalts- und Beziehungsebene wird vor allem online besonders deutlich, denn da kann die Beziehungsebene oft nicht so leicht interpretiert werden und kann daher zu Konflikten führen. Auch Phänomene wie Shitstorms oder Hasspostings können durch die starke Reduktion auf das Inhaltliche erklärt werden, denn wenn man jemanden nicht kennt, dann sinkt auch die Hemmschwelle.

    Watzlawick beschrieb die Beziehungsebene als stark analog, denn sie beinhaltet somit vieles, was über das Gesprochene, das Digitale, hinausgeht, etwa die Stimmlage oder die Körpersprache. Im Internet fehlen dieses und bilden somit eine weitere Quelle für Missverständnisse, da bekanntlich nur ein Bruchteil einer Beziehung durch die Sprache aber der wesentliche Rest nonverbal kommuniziert wird. Durch die oft hohe Präsenzien den sozialen Medien verlernen manche Menschen, analoge Signale richtig zu interpretieren. Der Gebrauch von Emoticons und Emojis bildet allerdings eineMöglichkeit, zusätzliche Hinweise zum Gesagten zu geben, also zu veranschaulichen, wie jemand etwas gemeint hat. In der realen Welt markiert man das durch Stimmmelodie, Mimik und Gestik, im Virtuellen können solche bildlichen Informationen von der simpler Aneinanderreihung von Satzzeichen, bis hin zum animierten Bildelementen, eine Kommunikationsstütze darstellen.

    Automatische Antworten durch Chatbots oder andere digitale Instrumentarien sind daher kritisch zu bewerten, denn der Mensch braucht das Gefühl, gehört zu werden, um ein gesundes Ich-Bewusstsein zu schaffen. Wenn dieses Gefühl erodiert, weil das, was zurückkommt, nichts Persönliches mehr ist, dann hat das durchaus eine bestimmte Wirkung auf die Menschen, etwa im Zusammenhang mit den derzeit stark aufkommenden digitalen Assistenten wie Siri, Echo oder Alexa.

    Eine massive Verzerrung der eigenen Online-Wirklichkeit entsteht nach Ansicht von Andrea Köhler-Ludescher im Phänomen der Filterblasen, die jenen Isolationsprozess beschreiben, der durch immer mehr vorgefertigte Informationen befördert wird, da neue Informationen durch Computersysteme wie Suchmaschinen vorwiegend Informationen liefern, die auf den eigenen Interessen basieren. Eine Resonanz innerhalb eines solchen abgeschlossenen Systems entsprichtdabei Watzlawicks ‚More of the same‘-Phänomen, d. h., man dreht sich sozusagen immer im Kreis und ist wegen der eigenen Umgebung in einer bestimmten engen Sichtweise gefangen.

    Quelle: Der Standard vom 15. November 2017.






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