Menschen teilen ein Leben lang einen wesentlichen Anteil der Gene mit ihren Eltern, so dass Gene die Entwicklung der Persönlichkeit in bedeutsamer Weise beeinflussen, wobei es sich dabei eher um breite Verhaltenstendenzen handelt, die weitergegeben werden. Jedoch erklären Gene nur etwa vierzig bis fünfzig Prozent des Verhaltens, denn auch die Umwelt spielt bei der Entwicklung eine wichtige Rolle. Zum einen gibt es die geteilte Umwelt, die man etwa mit den Geschwistern gemeinsam hat, mit denen man in seiner Familie aufwächst, dazu zählen aber auch die Werte und der Erziehungsstil der Eltern oder die sozioökonomischen Faktoren wie Bildung und Geld. Dann gibt es die nicht-geteilte Umwelt, also Freunde, die man alleine hat, eine Lehrerin, die bestimmte Sichtweisen eröffnet hat, vielleicht ein Unfall, den man hatte und der ängstlich gemacht hat. Es gibt darüber hinaus auch das unterschiedliche Verhalten von Eltern, wenn etwa ein Kind bevorzugt wird oder eines weniger gefördert wird. Die Forschung zeigt, dass vor allem dieser zweite Umwelteinfluss wichtig ist für die Entwicklung der Persönlichkeit, aber auch die Erfahrungen, die man im Laufe seines Lebens macht. Menschen werden dann in bestimmten Phasen ihrer Entwicklung den Eltern unähnlicher, etwa in Phasen der Abgrenzung oder der Rebellion wie in der Pubertät. Dann versuchen manche mehr oder weniger aktiv gegen die Ähnlichkeiten mit Mutter und Vater anzukämpfen, sich abzugrenzen von dem, was besonders nah ist. Später im Leben aber kommen mit zunehmendem Alter Phasen, in denen man Ähnlichkeiten zu den Eltern wieder zuässt, d. h., wenn der elterliche Einfluss und deren Anforderungen schwächer werden und die eigene Persönlichkeit mehr Raum bekommt. Vor allem wenn man selber Kinder bekommt, treten Ähnlichkeiten zu den Eltern wieder stärker hervor, indem man ähnliche Rollen wie diese einnimmt. Wer einmal die starke Erfahrung gemacht hat, dass er vom genetischen Vorbild erfolgreich abgewichen ist, traut sich häufig auch in anderen Bereichen zu, einen Schlussstrich zu ziehen und neue Verhaltensmuster zu entwickeln, diese dann zu erproben und dann zu verfestigen, sodass man später von einem internalisierten Verhalten sprechen kann. Gestörte Sozialisationsprozesse kann man aber in der Regel erst dann ändern, wenn man die Einsicht gewonnen hat, dass man der prägenden Erfahrung entgehen kann.
Literatur
Stangl, W. (2011). Entwicklungspsychologie – Betrachtung, möglichkeit, Entwicklung. [werner stangl]s arbeitsblätter.
WWW: https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/PSYCHOLOGIEENTWICKLUNG/Anlage-Umwelt.shtml (11-01-16).