Übrigens aktiviert das Gehirn von Autofans beim Betrachten von Fahrzeugen dieselbe Region im Gehirn (Fusiform Face Area), die auch für das Erkennen von Gesichtern zuständig ist. Bekanntlich erleben schon Kinder die Frontpartien von Autos als Gesichter, wobei für sie manche freundlich, manche eher grimmig dreinblicken. Auch können manche Menschen sofort Marke und Modell eines Fahrzeugs bestimmen, sodass Forscher nach der jenem Gehirnareal suchten, die für diese Art von Spezialwissen zuständig sein könnte. In einem Versuch präsentierte man männlichen Probanden, die in einem Gehirnscanner lagen, auf einem Bildschirm je eine halbe Sekunde lang zwei Autos aus unterschiedlichen Perspektiven, wobei für jedes der achtzig Autopaare beurteilt werden sollte, ob es sich um dasselbe Modell handelte. Dabei zeigte sich, dass nicht die Sehareale des Gehirns für die richtige Entscheidung verantwortlich waren sondern das Stirnhirn, das die Sinneseindrücke danach interpretiert. Offenbar entstehen solche Spezialkenntnisse im Gehirn erst auf einer höheren Verarbeitungsebene. Schon vor etlichen Jahren ist entdeckt worden, dass bei Menschen, die gut zwischen verschiedenen Autotypen unterscheiden können, das fusiforme Gesichtsareal besonders aktiv ist, also jenes Areal im Schläfenlappen, das für die Gesichtserkennung zuständig ist. Jedoch stellte man auch fest, dass bei Autokennern das Gesichtsareal auch dann beim Anblick von Fahrzeugen aktiv ist, wenn diese Fahrzeug lediglich von der Seite oder von hinten zu sehen bekamen. Daher konnte es nicht daran liegen, dass die Front eines Autos an ein Gesicht erinnert. Dieses Gesichtsareal ist also nicht allein für die Gesichtserkennung zuständig, sondern es ist vermutlich nur darauf spezialisiert, ganz grundsätzlich zwischen ähnlichen Objekten einer Kategorie zu unterscheiden, gleichgültig, ob es sich um verschiedene Gesichter oder verschiedene Fahrzeuge handelt. Um die Wahrnehmung für eine Kategorie von Objekten derart zu schulen, genügen Studien zufolge schon acht bis zehn Stunden Training, denn dann springt die Spezialeinheit für Gesichter auch auf Autos an. Allerdings benötigen Menschen mit Autoexpertise überdurchschnittlich lange, um im Umfeld von Autos auch Gesichter zu entdecken, denn offenbar beanspruchen Fahrzeuge dieselben Ressourcen im Gehirn, die für Gesichter reserviert sind. Eine Studie zur Psychologie von bekannten Marken belegte zusätzlich, dass deren Wahrnehmung ähnlichen psychologischen Mechanismen folgt, wie die Wahrnehmung von menschlichen Gesichtern. Dabei verglich man die Reaktionen auf Marken wie Coca Cola, Rolex, Porsche oder Apple und auf computergenerierte Gesichter, wobei die Probanden beide Motive nach Kategorien wie Vertrauenswürdigkeit, Fürsorglichkeit, Stärke oder Durchsetzungsvermögen beurteilen sollten. Es zeigte sich, dass ein Großteil der Wahrnehmung sowohl von Markenzeichen als auch von Gesichtern durch zwei grundlegende Dimensionen bestimmt wird: Bei der einen Dimension handelt es sich um die allgemeine Bewertung, die besagt, wie vertrauenswürdig und dem Betrachter gegenüber wohlgesonnen Personen oder Marken eingeschätzt werden, während die andere Dimension den Eindruck von Stärke betrifft, also die Einschätzung der Fähigkeit, Absichten auch umzusetzen. (Stangl, 2020).
Literatur
Stangl, W. (2020). Stichwort: ‚Gesichtserkennung‘. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.
WWW: https://lexikon.stangl.eu/7347/gesichtserkennung/ (2020-11-29)