Wenn die Uhren eine Stunde vor- und damit auf Sommerzeit umgestellt werden, bringt dies die „innere Uhr“ erst einmal durcheinander. Eine Art Mini-Jetlag macht manchen Menschen wochenlang zu schaffen und kann neben Müdigkeit und Schlafstörungen auch Kopfschmerzen, depressive Verstimmungen oder Appetitlosigkeit verursachen. Ärzte und Chronobiologen haben Tipps, wie es sich am besten mit der Zeitumstellung klarkommen lässt.
Der „fehlenden“ Stunde zum Trotz sollte man nach der Zeitumstellung möglichst früh raus ans Tageslicht. Experten empfehlen, am besten schon vor dem Frühstück etwas frische Luft und Sonnenlicht zu tanken – zum Beispiel bei einem morgendlichen Gang zum Bäcker, Zeitungshändler oder bei einer Joggingrunde.
Wer tagsüber vor allem im künstlich beleuchteten Büro sitzt, könne seinem Körper auf dem Weg zur Arbeit etwas Tageslicht zukommen lassen, indem er früher aus Auto oder U-Bahn aussteigt und das letzte Stück Weges zu Fuß geht.
Es kann helfen, den Körper schon früher als sonst dem Tageslicht auszusetzen. Wer etwa nach der Zeitumstellung die Vorhänge im Schlafzimmer nachts offen lässt, kann die Sonnenstrahlen als Wachmacher nutzen. Auch das Verbringen der Mittagspause an der frischen Luft ist eine gute Idee. Für den Abend empfehlen Experten, auf schwere Mahlzeiten zu verzichten und auch bei fehlender Müdigkeit zeitig schlafen zu gehen. Von Schlafmitteln raten sie ab.
Wer auf Unterstützung beim Einschlafen partout nicht verzichten will, kann auf naturheilkundliche Mittel wie Baldrian, Hopfen oder Melisse zurückgreifen. Auch eine heiße Milch mit Honig sowie ein warmes Kräuterbad fördern Entspannung und Schlaf – übrigens auch bei Kindern, deren Organismus die Anpassung an die Zeitverschiebung mitunter besonders schwer fällt. Für sie ist Bewegung an der frischen Luft genauso empfehlenswert wie für Erwachsene.
Jeder dritte Deutsche ist unsicher, ob er seine Uhr bei der Umstellung von Winter- auf Sommerzeit vor- oder zurückstellen muss. Nur 61 Prozent der Männer und 70 Prozent der Frauen haben bei einer repräsentativen Umfrage die richtige Antwort parat gehabt.
Siehe dazu Eselsbrücken für alle, die sich nicht merken können, ob man bei der Umstellung eine Stunde vor oder eine Stunde zurückstellen muss: Im Frühjahr bei der Umstellung auf Sommerzeit werden die Uhren eine Stunde vorgestellt: Bei Gasthäusern werden die Schanigärten vor das Haus gestellt. Im Herbst gibt es eine wunderbare poetische Fassung von Gottfried Benn für den Umstand, dass die Uhren eine Stunde angehalten werden müssen: „Astern – schwälende Tage, alte Beschwörung, Bann, die Götter halten die Waage eine zögernde Stunde an.“
Laut Studien würde unsere innere Uhr eigentlich gerne einen 25-Stunden-Tag machen. In der Nacht der Zeitumstellung auf Sommerzeit muss sie allerdings mit nur 23 Stunden klarkommen. Die Forschung hat ergeben, dass eher Frauen und Menschen im mittleren Alter unter der Umstellung leiden.
Auch alle Erzieherinnen brauchen nach der Zeitumstellung starke Nerven – auf unbestimmte Zeit. Denn gerade Kleinkinder in Kitas können ihre innere Uhr nicht von einem auf den anderen Tag umstellen. Es kann drei bis vier Wochen dauern, bis sich der Rhythmus von Kindern neu eingespielt hat.
Die Tierpfleger in den Zoos sind da weniger zimperlich. Ab Sonntag werden die Fütterungszeiten angepasst. Eine Übergangszeit ist in der Regel nicht vorgesehen, denn die Tiere sind durch die längeren Öffnungszeiten im Sommer ohnehin schon aus dem inneren Gleichgewicht gebracht.
Direkt von der Umstellung betroffen sind auch die Bäcker. Doch die sind hart im Nehmen, denn Müdigkeit sei bei Bäckern nunmal Teil des Berufsalltags.
Die Idee einer jährlichen Zeitumstellung wurde erstmals im Jahre 1784 von Benjamin Franklin in einem Brief an die Herausgeber einer Pariser Zeitschrift erwähnt. Angesichts des humorvollen Charakters des Textes ist allerdings nicht klar, ob es sich um einen ernsthaften Vorschlag Franklins handelte.
Eingeführt wurde die Zeitumstellung erstmals am 30. April 1916 in Deutschland, in Österreich-Ungarn und noch im selben Jahr auch in Irland. In der Weimarer Republik gab es dann keine Zeitumstellung mehr. Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Sommerzeit wieder eingeführt.
Unmittelbar nach dem Krieg wurde die jährliche Umstellung auf Sommerzeit von den westlichen Besatzungsmächten bestimmt. 1947 wurden die Uhren zwischen dem 11. Mai und 29. Juni im Rahmen der so genannten Hochsommerzeit zwei Stunden vorgestellt. Die damalige Sommerzeitregelung endete mit Ende des Jahres 1949. Von 1950 bis 1979 gab es in Deutschland keine Sommerzeit.
Die erneute Einführung der Sommerzeit wurde in der Bundesrepublik 1978 beschlossen, trat jedoch erst 1980 in Kraft. Zum einen wollte man sich bei der Zeitumstellung den westlichen Nachbarländern anpassen, die bereits 1977 als Nachwirkung der Ölkrise von 1973 aus energiepolitischen Gründen die Sommerzeit eingeführt hatten. Zum anderen musste man sich mit der DDR über die Einführung der Sommerzeit einigen, damit Deutschland und insbesondere Berlin nicht zusätzlich noch zeitlich geteilt war. Von 1981 bis 1995 begann in Deutschland die Sommerzeit am letzten Sonntag im März um 2 Uhr MEZ und endete am letzten Sonntag im September um 3 Uhr MESZ.
Durch die Vereinheitlichung der unterschiedlichen Sommerzeitregelungen in der EU wurde die Sommerzeit 1996 in Deutschland um einen Monat verlängert und gilt gemäß Richtlinie 2000/84/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates seitdem vom letzten Sonntag im März um 2 Uhr MEZ bis zum letzten Sonntag im Oktober um 3 Uhr MESZ.
Für die technische Umsetzung der Zeitumstellungen ist die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig zuständig. Sie programmiert die impulsgebende Atomuhr. Diese gleicht die Atomuhrzeit mit der Uhr am Langwellensender DCF77 in Mainflingen bei Frankfurt am Main ab, der von dort Zeitsignale ausstrahlt. Sie gehen an alle öffentlichen und privaten Funkuhren.
Quelle
Rheinische Post vom 24. März 2023
Im Frühling werden die Gartenstühle vor die Häuser gestellt. Uhren vorstellen!
Im Herbst werden diese zurück in den Keller gestellt. Uhren zurückstellen.