Verschwörungstheorien wirken insbesondere für Menschen attraktiv, die von einem Gefühl des Kontrollverlustes geplagt werden, wenn die Umstände für Probleme vermeintlich jenseits der eigenen Einflussmöglichkeiten liegen. Man muss sich übrigens klarmachen, dass der Glaube an eine große Verschwörung vielen Menschen Halt gibt, denn dann haben sie das Gefühl, es gibt einen Plan, der ist zwar nicht besonders attraktiv, aber immerhin kennt man ihn oder glaubt ihn zu kennen. Vor allem aber ist es wichtig, dass es Feinde, Bösewichte oder Verschwörer gibt, die dahinterstecken und die man auch für die derzeitigen Zustände verantwortlich machen kann, d. h., bei einer Verschwörung hat man plötzlich Schuldige. Hinzu kommt das Gefühl, etwas vermeintlich sehr Schwieriges und Komplexes verstanden zu haben und manchmal noch besser, einem großen Geheimnis auf der Spur gekommen zu sein. Dadurch erhebt man sich auch über andere, denn man hat auf einmal das Gefühl, man denkt selbst, kann alles überblicken und alle anderen sind fremdbestimmt oder sogar ferngesteuert. Ein solches Selbstbild kann für Menschen, die nicht besonders gebildet sind, durchaus verlockend sein.
Interessanterweise spielen dabei Widersprüche, die man von anderen erhält, plötzlich eine ganz anderes Rolle, denn jeder Widerspruch ist jetzt nicht mehr irgendeine andere Information zum Thema, sondern berührt direkt das Selbstverständnis. Das bedeutet, dass Menschen, die zu meinen Ansichten im Widerspruch stehen, sie selber als Person in Frage stellen, was es dem Gehirn extrem schwer macht, dabei sachlich zu reagieren. Das hat dann ganz viel mit Emotion zu tun und daher reagiert das psychische System auf einen möglichen Widerspruch immer aggressiver. Dadurch lehnt das Gehirn jedes sachliche Nachdenken über andere Ansichten ab, wobei dann ab einem bestimmten Punkt das Gehirn alles ablehnt, was offizielle Stellen sagen.
Studien haben auch gezeigt, dass vor allem Menschen mit Persönlichkeitsmerkmalen der „Dunklen Triade“ eher an Verschwörungstheorien glauben. Man versteht darunter Machiavellismus (Manipulation, Zynismus), Narzissmus (Eitelkeit, Selbstbesessenheit) und Psychopathie (Impulsivität und Gefühllosigkeit), wozu noch ein hohes Ausmaß an Sadismus (Grausamkeit und Freude am Misshandeln) tritt.
Literatur
Stangl, W. (2020). Stichwort: ‚Verschwörungstheorie‘. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.
WWW: https://lexikon.stangl.eu/23563/verschwoerungstheorie (20-09-01)